Der alte Mann und das Wohlfühlchristentum

 

Rolf Müller

 

„Geliebte, da ich allen Fleiß anwandte, euch über unser gemeinsames Heil zu schreiben, war ich genötigt, euch zu schreiben und zu ermahnen, für den ein für allemal den Heiligen überlieferten Glauben zu kämpfen“ (Judas 3).

 

Judas, der Halbbruder des Herrn, wollte über das gemeinsame Heil schreiben, das den Gläubigen von Jesus Christus geschenkt ist. Er wollte erinnern, was sie in Jesus Christus haben. Er wollte Christus verherrlichen und groß machen. Er wollte ihnen ins Gedächtnis rufen, was Jesus für sie getan hat.

 

Aber dann hat er seine Absicht geändert. Was hat ihn dazu genötigt? Es waren die aktuellen Entwicklungen in den noch jungen Gemeinden. Judas ruft die Gläubigen auf, für den Glauben zu kämpfen! Er macht auf die falschen Christen aufmerksam, die sich in die Gemeinde eingeschlichen haben. Sie verführen die Menschen mit falschen Lehren.

 

Dieser Kampf für den Glauben ist auch heute nötig. Viele Christen betrachten die Jesusnachfolge als ein „seliges Wandeln auf sonnigen Höhen“. Christsein ist für sie ein spannungsfreies Leben in ständigem Wohlbefinden. Es wird ihnen vorgegaukelt, sie müssten das Leben in vollen Zügen genießen. In unserer Zeit wimmelt es von Angeboten, die ein glückliches Leben versprechen.

 

Das beginnt mit Ernährungstipps und endet im psychologischen Bereich. Alles wird gut. Widersprüche verschmelzen, Gegensätze lösen sich auf. Harmonie und das Positive dominieren. Dazu trägt in nicht geringem Maß der Wohlstand bei, den wir trotz aller Krisen immer noch haben.

 

Das Glaubensleben der Christen wird oberflächlich. Sie werden anfällig für Irrungen und Verwirrungen. Sie leben ein unverbindliches Christentum. Sie wollen Jesus nachfolgen, sind aber nicht bereit, für den Glauben zu kämpfen. Sie wünschen sich einen Glauben ohne Auseinandersetzungen. Sie wollen den Segen Gottes, aber ohne Leiden. Sie wollen Einheit, vernachlässigen aber dabei die Wahrheit. Sie lieben Gott und liebäugeln gleichzeitig mit der Sünde. Sie sehnen sich nach einem bequemen Wohlfühl-Christentum.

 

Der alte Mann ist bewegt, wenn er sieht, dass Gott in der Gemeindegeschichte sich immer wieder Werkzeuge zubereitet, die auf Grundlage der Heiligen Schrift für den ein für allemal überlieferten Glauben kämpfen.

 

Leute wie Judas, der einen Brief an die Gemeinden schreibt. Leute, die damals in der Reformationszeit die Bibel und Christus wieder auf den Leuchter gestellt haben. Leute, die einen anderen Weg einschlagen als die von Wohlbefinden und von Harmoniebedürfnis aufgeweichte Masse der Christen. Leute, die für die Wahrheit der Schrift kämpfen und dafür auch Leiden, Verfolgung und Lebensgefahr in Kauf nehmen.

 

Als Christen stehen wir auch heute in der Gefahr, das kostbare Erbe der Reformation durch eine oberflächliche Wohlfühlnachfolge und ein zeitbedingtes Toleranzdenken und eine unbiblische Harmoniesucht leichtfertig zu verschleudern. Das ist  Verrat am Herrn Jesus. Der Judasbrief möchte uns wachrütteln, den guten Kampf des Glaubens zu kämpfen.

 

Wenn Christus seine Kirche schützt, 

so mag die Hölle wüten;  

er, der zur Rechten Gottes sitzt,   

hat Macht, ihr zu gebieten.  

Er ist mit Hilfe nah;  

wenn er gebeut steht’s da.  

Er schützet seinen Ruhm 

und hält das Christentum.  

Mag doch die Hölle wüten!

 

Der Frevler mag die Wahrheit schmähn,  

uns kann er sie nicht rauben.  

Der Unchrist mag ihr widerstehn, 

wir halten fest am Glauben.  

Gelobt sei Jesus Christ! 

Wer hier sein Jünger ist, 

sein Wort im Herzen hält, 

dem kann die ganze Welt  

die Seligkeit nicht rauben.

 

Auf, Christen, die ihr ihm vertraut, 

lasst euch kein Drohn erschrecken!  

Der Gott, der von dem Himmel schaut   

wird uns gewiss bedecken. 

Der Herr Herr Zebaoth  

hält über sein Gebot,  

gibt uns Geduld in Not,  

und Kraft und Mut im Tod;  

was will uns denn erschrecken?

 

(Christian Fürchtegott Gellert)