Im Gefängnis

 

Rolf Müller

 

Ein Kollege von mir sagte: Da können sie die Mauern des Gefängnisses noch so hoch und dick bauen und alles mit Stacheldraht sichern, wenn ich rein will, komme ich rein! So ganz habe ich diesen Spruch nie begriffen, aber eins ist sicher: So leicht man ins Gefängnis kommt, so schwer ist es, wieder heraus zu kommen.  

 

Von einer wunderbaren Befreiung aus dem Gefängnis berichtet die Bibel in Apostelgeschichte 12. Der erste Apostel (Jakobus) wurde von Herodes hingerichtet. Den Juden gefiel das. Herodes witterte Chancen, seinen wackligen Thron zu retten. Er hat Lust, weiter zu morden und schnappt sich Petrus und wirft ihn ins Gefängnis.

 

16 bewaffnete Soldaten bewachen ihn. An zwei von ihnen wird er mit Ketten angeschmiedet. Mehrere Türen versperren den Weg in die Freiheit. Der Apostel Petrus befindet sich im Hochsicherheitstrakt. Alarmstufe 1 am Königshof.

 

Welch einen Respekt haben doch die Fürsten dieser Welt und ihr Helfershelfer Herodes vor einem einfachen Fischer, der das Evangelium von Jesus Christus verkündigt. Wenn das die Christen unserer Tage doch wieder wüssten! Zeigt es doch, welche Kraft das Wort Gottes hat.

 

In der Nacht vor seiner Hinrichtung schläft Petrus so fest, dass Gottes Engel ihn wachrütteln muss. Schlaftrunken rappelt sich Petrus auf und taumelt zur offenen Tür.

 

He, Petrus! sagt der Engel. Du bleibst doch mit deinem losen Gewand überall hängen. Gürte dich! Moment! Willst du ohne Schuhe los? Den Mantel, Petrus! Draußen ist es kalt!

 

Das Wachpersonal kriegt von der ganzen Sache nichts mit. Gott hat sie reichlich mit Schlaf eingedeckt.

Petrus läuft durch die Straßen von Jerusalem. Die Kühle der Nacht macht ihn ganz wach. Jetzt steht er vor der Tür der kämpfenden Gemeinde. Die ganze Nacht hatten die Gläubigen um die Freilassung des Petrus gebetet.

 

Petrus klopft. Das Mädchen Rhode sieht ihn und ruft: Petrus steht vor der Tür! Wer jetzt erwartet, dass die Gemeinde ein großes Halleluja anstimmt, täuscht sich. In unser heutiges Deutsch übertragen, sagen sie der Rhode: Du bist verrückt! Du spinnst!

 

Die Beter der Gemeinde weigern sich zu glauben, dass Gott ihr Gebet erhört hat. Damit hatten sie nicht gerechnet. Wie sieht es heute bei uns aus? Glauben wir, dass Gott unsere Gebete erhören kann, oder halten wir es für Spinnerei?

 

Am nächsten Tag war die Aufregung unter den Soldaten groß. Wohin war Petrus entschwunden? Das konnte doch nicht wahr sein! Herodes tobte, als er erfuhr, dass ihm der Fischer aus dem Netz geschlüpft ist. Die Wachen bekommen ihr Fett weg. Aber Herodes kommt nicht zur Ruhe. Er wird größenwahnsinnig und hält sich für Gott. Das war's aber auch schon, denn dann kamen die Würmer.

 

Die Frage bei unserem Beten kann doch niemals lauten, ob Gott genügend Macht hat. Die Frage heißt doch schlichtweg, ob Gott will oder nicht. Jakobus wurde enthauptet, Gott hat es zugelassen. Petrus dagegen spaziert aus dem Gefängnis, als ob es die einfachste Sache der Welt sei.

 

Wer ist denn dieser Herodes? Wer sind die Soldaten, die Ketten und die eisernen Türen? Und wer sind die "treuen Beter", die sich einbilden, Gottes unersetzliches Bodenpersonal zu sein?

 

Es ist gut, dass wir in unseren Gemeinden noch viele treue Beter haben. Aber nicht sie haben den Petrus aus dem Gefängnis befreit. Nein, nur Einer beherrscht das Feld, und das ist der auferstandene Jesus Christus. Aufgabe des Beters ist nicht, Gottes Pläne zu ändern, sondern ihn zu verherrlichen und für diese Pläne zu danken.

 

Das Wort Gottes wuchs und breitete sich aus. Herodes wollte die Gemeinde ausrotten und wurde von Würmern gefressen. Die Gemeinde Jesu dagegen wächst. Das ist göttlicher Humor. Der im Himmel wohnt, lacht ihrer.

 

Beim Turmbau zu Babel macht sich Gott regelrecht lustig über die Leute, die bis an den Himmel bauen wollen. Gott fährt herab und setzt sich sozusagen noch eine Brille auf, damit er die paar Steinchen auch sehen kann, die die Menschen da aufgetürmt haben.

 

Welche Segensströme könnten aus den Kreisen entschiedener Christen heute wieder in unser Volk und Land fließen, wenn wir wieder den Blick für die Souveränität Gottes geschenkt bekämen! Das würde auch uns souverän machen. Wir reden zwar immer davon, dass Jesus Sieger ist, aber wir leben oft, als ob das nicht der Fall wäre.

 

Jesus ist der Herr der Herren und der König aller Könige. Er hat alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Sein Plan ist wunderbar und er führt es herrlich hinaus. Sein Plan erfüllt sich, im Einklang mit unseren Gebeten oder wenn nötig, auch gegen unsere Gebete. Sein Wille geschieht. Die Gläubigen brauchen wieder einen Blick dafür, damit sie als Salz der Erde und als Licht der Welt für Jesus wirken können.