Es macht uns oft nachdenklich, wie wenig sich an unserem Leben ändert, wenn wir uns bekehrt haben und sind in Gefahr viele Schwächen zu entschuldigen. Der Grund ist letztlich, dass wir uns nicht gründlich genug gegenüber dem heiligen Gott konfronieren haben lassen. Seine Heiligkeit ist das Maß, daran wir er uns messen, wenn wir vor dem Richterstuhl Christi stehen.

 

Liebe Familie N.N., danke für die stimmungsvollen Fotos, die ihr uns geschickt habt, wir sehen, dass ihr glücklich seid und uns sagen wollt, dass Ihr uns gern habt.

Ich habe Dein E-Mail zweimal durchgelesen und versucht, Dich, lieber N, zu verstehen. Ich höre heraus, dass wir oft auch geistlich am Platz treten und eine Formung in Christus nicht recht zustande kommt. Auf viele Fragen gibst Du Dir selber die Antwort. Daher brauche ich keine Antwort dazu geben.

Wenn ich im Gebet vor Gott an Dich denke und frage, was soll ich Dir schreiben, kommt mir  Folgendes in den Sinn:

1) Wir brauchen oft nach langer Bekehrung auch noch ein Überführtwerden von Gott, dies geschieht nicht in Zwängen und Verdammnis, sondern in Hoffung und Gottesfurcht.
Eine Frau der Tagung erläutete uns diesen Vorgang, als sie ohne jede Ablenkung von außen, -  sie hatte kein Handy, keine Unterhaltung - vor Augen geführt bekam vom Herrn, wie sie vor dem Herrn steht, sie hat das vor Gott zugelassen und ist nicht geflüchtet davor und hat aber auch Reinigung erfahren und ein neues Feingefühl für den Willen Gottes und einen Gehorsam in einem angemessenen Respekt vor Gott. Wenn sie davor ausweicht, verliert sie diese Intensität der Gottesbeziehung. Darum ist ihr nicht gleichgültig, ob sie wieder in den alten Schlendrian zurückfällt oder nicht. Sie meidet das aber nicht aus einer eigenen Willenskraft, sondern aus der geoffenbarten Gottesbeziehung heraus. Die Folge davon war, dass sie jahrelange Medikamente nicht mehr braucht. Viele haben sich  von ihr zurückzogen, als sie ihr zuhörten, weil sie es nicht so genau nehmen wollten. Diesen Preis aber war sie zu zahlen bereit.  In dieser menschlichen Einsamkeit ist aber die Gegenwart des Herrn umso mächtiger, von dem Trost und Überführung kommt.

2) Das Zweite ist, dass wir in kleinen Schritten unsere Jüngerschaft leben lernen müssen. Da kann schon ein Buch wie "Auf dem Weg zur geistlichen Reife - Biblische Hilfen für unser geistliches Wachstum“  von Rudolf Ebertshäsuer helfen. Es fängt damit an, leben wir ständig vor dem Angesicht der Herrn und wandeln wir vor ihm? Bin ich in einem innerlichen Gebet mit dem Herrn ständig verbunden und reserviere ich mir Zeit für eine ergiebige kontinuierliche Schriftlesung ohne Rosinen herauspicken zu wollen? Bin ich auch bereit Korrekturen aus der Schrift anzunehmen und zu beherzigen?
Lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat (Gal 2, 20)? Das ist nicht nur ein Erbauungswort mit dem wir uns selbst belügen können, sondern eine Existenzfrage. Wenn diese Existenz nicht da ist, existiere ich nicht richtig.
Es geht dabei nicht um ein fleischliches Bemühen, sondern um ein glaubendes, hingegebenes und achtsames Leben, wo ich mehr das wahrnehme, was Christus in mir tut und nicht was ich aus meinem Ego heraus tue. Halte ich mich dafür, dass ich für die Sünde tot bin, aber für Gott lebe in Christus Jesus, unserem Herrn (Röm 6,11)?  Das muss ich ständig vollziehen, um auch in der Versuchung rechtzeitig so denken zu können. Ich weiß, wir sind nicht damit fertig, aber die Frage ist, ob wir darin tätig bleiben und so gesinnt sind. Wer die Sünde tut ist auch Knecht der Sünde und diese Knechtschaft gilt es zu überwinden (vgl. Röm 6, 16). Es schleicht sich schnell eine Selbstentschuldigung ein, indem wir sehr freimütig unsere Sündhaftigkeit bekennen und damit andeuten, es gehe halt nicht anders und es wird auch nicht anders. Das sei erst das richtige Christenleben und mache frei von Verkrampfungen. Diese sich abfindende Gelassenheit kann gefährlich werden, macht uns zu Sklaven. Gott aber will, dass wir Söhne seien und nicht mehr Sklaven, denn der Sklave bleibt nicht ständig im Haus, sondern nur der Sohn (vgl. Joh 8,35).

Ich bin kein Besserwisser und auch keiner, der mit erhobenem Zeigefinger verweisen will. Die Furcht des Herrn drängt mich, auch zu ermahnen, ohne sich über jemandem zu überheben. Gottes Hilfe ist auch immer an Bedingungen - an ein "Wenn" - gekoppelt, die wir beachten sollten: "Wenn jemand mich liebt, so wird er mein Wort befolgen, und mein Vater wir ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen" (Joh 14,23). Gott vergewaltigt niemand mit seiner Gnade, er ermutigt uns aber in den Glaubensgehorsam gegenüber Jesus Christus einzugehen und so diese Segnungen zu erhalten.

Vergeuden wir nicht zuviel Zeit mit „geistreichen“ Diskussionen, Bemerkungen und Unterhaltungen. Über jedes unnütze Wort müssen wir vor Gott Rechenschaft geben (Mt 12, 36), darum soll unser Reden aus einem tiefen gebetsnahen Schweigen kommen und wir sollen nur wenige Worte machen.

Daher will ich jetzt wieder schließen und Gott danken für Geschwister wie Euch, für das Werk eures Glaubens, eure Bemühung in der Liebe und eurem Ausharren in der Hoffung auf unseren Herrn Jesus Christus vor unserem Gott und Vater.

Lieben Gruß

 

Johannes Ramel
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