Sei darum weise, fliehe die Sünde !

Wo ich Unrechtes in meinem Herzen vorhätte, so würde der Herr nicht hören. - Psalm 66, 18

 

Wenn es dir schwer wird, deine Kindschaft bei Gott zu glauben, ja wenn es dir um dieses oder jenes Umstandes willen vielleicht ganz unmöglich ist, dann beachte folgendes: Liegt der Grund deiner Trostlosigkeit darin, dass du dir einer vorsätzlichen Sünde bewusst bist, die du nicht fahren lassen willst, z.B. ein unversöhnlicher Hass gegen einen Mitmenschen, eine fleischliche Lust oder eine Unehrlichkeit im Handel oder in deiner Arbeit, eine offenbar fleischliche Tat also, in der du fortzufahren gedenkst, mit der du einen Bund geschlossen hast, - dann versuche nicht, durch das Evangelium die Widersprüche zu übertäuben und zum Schweigen zu bringen und dir einzureden, dennoch in der Gnade zu stehen.

 

Das ganze Wort Gottes streitet viel zu klar dagegen, und der Geist des Herrn, der dir die Gewissheit des Glaubens und das Zeugnis deiner Kindschaft geben sollte, ist „der Geist der Wahrheit“, ein reiner, heiliger Geist. Er kann dir kein Zeugnis geben, das gegen die Wahrheit streitet. Du wirst immer auf die Worte des Apostels stoßen, die er zum Zauberer sprach: „Du wirst weder Teil noch Anrecht haben an diesem Wort; denn dein Herz ist nicht rechtschaffen vor Gott.“ Er sagt nicht: „Denn deine Sünden sind zu schwer und zu zahlreich“, sondern er sagt: „Dein Herz ist nicht rechtschaffen vor Gott.“ Aber freue dich darüber, dass er auch nicht sagt: „Darum musst du für immer verloren sein“, sondern: „Tue Buße für diese deine Bosheit und bitte Gott, ob dir vergeben werden möchte die Tücke deines Herzens.“

 

Bedenke, dass nicht einmal jener Zauberer, so durchsäuert von Heuchelei, „voll bitterer Galle und verknüpft mit Ungerechtigkeit“ er auch war, für verloren erklärt wird, sondern dass er zu Gott kommen und um Vergebung bitten darf!

 

Beachte aber auch, dass der Apostel hier nicht sagt: „Glaube an den Herrn Jesus“, sondern: „Tue Buße für diese deine Bosheit!“ Und Christus sagt: „So dich dein Auge ärgert (wenn es dir zum Verderben, zum Hindernis für dein Gnadenleben ist), so reiß es aus und wirf es von dir!“ Er sagt nicht: „So glaube an Mich, und du brauchst das Auge nicht auszureißen.“

 

Der Glaube und ein gutes Gewissen lassen sich nie mit „gehuldigten“ Sünden vereinigen.

 

Man wird durch sie immer vom Gnadenstuhl weggetrieben. Luther sagt, dass es viele gibt, die sich des Sakraments und des Gebets enthalten, weil sie in herrschenden Sünden gefesselt liegen - wie z.B. in unversöhnlichem Hass und dergleichen -, die sie nicht fahren lassen wollen. „Für solche“, sagt er, „wäre es gewiss der beste Rat, dass sie die Sünde fahren ließen und dann zu Gott kämen im Sakrament und Gebet. Dies wäre besser, als fortzufahren in der Sünde und Leib und Seele dem Teufel zu geben.“

Jesus sagt: Es ist viel besser, dass du dir das Leiden des Ausreißens eines Auges machst und zum Leben eingehst, als dass du zwei Augen habest und werdest in das höllische Feuer geworfen. Sei darum weise, fliehe die Sünde! Die Krone der Herrlichkeit lohnt dir herrlich alle deine Leiden während der Kreuzigung des Fleisches.

 

Durch das Beharren in der Sünde verhinderst du dein Gebet und verlierst den seligen Frieden Gottes in der Zeit und die himmlische Freude in der Ewigkeit!!!!

 

Aber beachte, dies gilt von Sünden, denen du huldigst, die du also nicht nur liebst - wie ja das Fleisch, auch bei den Heiligen, immer seine alte Liebe zur Sünde hat —, sondern denen du huldigst, d.h. wenn du aufs Neue mit der Sünde einen Bund machst, sie entschuldigst und sie behalten willst, obwohl sie dir nicht eine fragwürdige, sondern eine offenbare Sünde ist.

 

Dieses streitet geradezu gegen den Glauben und gegen die Gnade.

 

Ganz anders verhält es sich mit einem Christen, der da spricht: „Ich liebe dich, Sünde, erschrecklich, aber ich hasse und verfluche meine Liebe zu dir“, und der zugleich bei dem allmächtigen Gott Hilfe gegen diese Sündenliebe sucht. Ist das bei dir der Fall, dass du deine Sündenliebe so betrachtest und Erlösung davon suchst, dann sollst du sogleich in deines Vaters Arme eilen und mit voller Gewissheit Seine Gnade glauben.

 

Und - beachte! Hüte dich, dass du dir nicht vornimmst, zuerst auf Befreiung von der Sünde zu warten, bevor du die Gnade glauben willst. Gerade dieses Warten wäre die mächtigste Schlinge, in der der Teufel dich fangen könnte.

 

Denn nur durch den Glauben kannst du die Erlösung erwarten (siehe 1.Joh.5,4 sowie Hebr. Kap.11) Dass das Fleisch die Sünde liebt, ja dass uns gewisse angeborene Unarten folgen und plagen, solange wir auf Erden sind, ist eine Tatsache, über die alle Heiligen klagen mussten. „Aber solche Sünden“, sagt Luther, „die wir selbst strafen, sind nackte und bloße Sünden, die allezeit das Opfer Christi zwischen sich und Gott haben“, die uns darum auch niemals verdammen werden, solange wir in Christus bleiben.

 

Gegen solche Sünden und alle täglichen Mängel musst du tief und immer wieder aufs Neue die ewigen Gründe unserer Begnadigung in dein Herz einprägen und um die Bewahrung deiner Kindeszuversicht wie um das Leben und die Seligkeit kämpfen. Denn du musst wissen, dass es das größte Bestreben des Teufels ist, sie deinem Herzen zu entreißen und dich in Mutlosigkeit und Knechtschaft zu stürzen.

 

Nimm darum hier alles Evangelium Gottes, das Sakrament, das Gebet, den Rat und die Fürbitte der Brüder zu Hilfe, damit das Gewissen nicht in die Knechtschaft hinabgezogen wird, sondern durch den Glauben über die Widersprüche siegt.

 

Wer sich also selber richtet,

Sein Verderben recht erkennt,

Alles eigne Tun vernichtet

Und sich selbst verloren nennt;

Dessen Schade wird durch Gnade

Leicht und herrlich weggenommen;

 

Er wird zur Gewissheit kommen.

Entnommen aus dem Buch von Mag. Olof Rosenius – ‘‘Tägliches Seelenbrot‘‘

(herausgegeben von LUTH. MISSIONSVEREIN SCHLESWIG-HOLSTEIN E.V. http://www.rosenius.de)