Das Abendmahl ist ein Gnadenmittel

unseres Herrn Jesus 

In der Nacht, da Er verraten ward, nahm Er das Brot, dankte und brach es und sprach: Nehmet, esset; das ist Mein Leib, der für euch gebrochen wird. Solches tut zu Meinem Gedächtnis.

1. Kor. 11, 23–24

 

Eines der mächtigsten Hindernisse, das viele gläubige Menschen beim Genuss des heiligen Abendmahls plagt und drückt und ihnen ganz und gar den Trost, die Erquickung und die Freude raubt, die das Abendmahl mit sich führen sollte, ist der Umstand, dass man es als eine Art feierliches Opferfest ansieht, bei dem wir Gott etwas Gutes geben und mit einigen Ihm wohlgefälligen Opfern unserer Frömmigkeit, unserer Buße, unseres Glaubens, unseres Gebets, unserer Vorsätze auf Besserung usw. dem Altar uns nahen sollten. Man bedenkt nicht, dass das Abendmahl ein Gnadenmittel ist, in dem der Herr im Gegenteil uns, Seinen armen, elenden, niedergeschlagenen Kindern, den Trost, die Stärke und Erquickung geben will, deren wir bedürfen.

 

Beachte! Das Abendmahl ist, wie das Wort Gottes, ein Gnadenmittel.

 

Gleichwie man nicht zum Wort Gottes geht, um Gott etwas Gutes zu geben oder vorzuweisen, sondern nur, um daraus etwas Gutes zu empfangen, Kraft und Hilfe gegen seinen Kleinglauben, seine mangelhafte Buße, sein mangelhaftes Gebet usw. zu bekommen, ebenso soll man auch zum heiligen Abendmahl des Herrn als zu einem Gnadenmittel kommen, in welchem man nur Hilfe sucht gegen alles, was einem fehlt. Du aber scheust dich davor, zum Tisch des Herrn zu gehen, weil du dir bewusst bist, dass du in deinem Alltagsleben so mangelhaft bist. Du denkst: Ich bin nicht, wie ein wahrer Christ sein sollte, es ist in meinem Glauben oder in meinem Leben etwas Gebrechliches, es ist ein gewisser bedenklicher Fehler in meinem Christentum, und darum kann ich auch nicht getrost zum Tisch des Herrn gehen.

 

Was bedeuten solche Gedanken anders, als ganz zu vergessen, was der eigentliche Zweck und die Absicht des Abendmahls ist, nämlich gerade ein Hilfsmittel gegen alle Gebrechen und Mängel in unserem Glauben und unserem Leben zu sein! Wäre schon alles wohl mit deinem Christentum, mit deinem Glauben und Wandel, dann brauchtest du nicht zu diesem Gnadenmittel zu kommen, wie ja auch Christus mit Seinem Verdienst nicht für Gerechte, sondern für Sünder gekommen war, wie Er selber spricht: „Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken.“

 

Du, der du dieses liest, bedenke einmal folgendes: Wenn ein körperlich Kranker auf eine Aufforderung hin, zum Arzt zu gehen, antwortet: „Das wage ich nicht, denn ich bin so krank, mein Blut ist so vergiftet, mein Ausschlag so arg, dass ich in so jämmerlichem Zustand nicht den Arzt besuchen kann, ich muss erst etwas besser werden.“ Würde man sich nicht über solche Torheit wundern und antworten: „Muss man nicht gerade in der Krankheit den Arzt suchen?“ Genauso aber verhält man sich, wenn man wegen geistlichen Mangels und Siechtums sich fürchtet, zum heiligen Abendmahl des Herrn zu gehen. Es ist uns ja gerade zur Hilfe und zum Heilmittel gegen allerhand Mängel und Krankheiten gegeben. Lasst uns nie die große Liebe des treuen Heilandes vergessen, als Er dieses Gnadenmittel einsetzte! Was sagte Er von Seinem Blut, als Er den gesegneten Kelch darreichte? Von all dem unendlich Großen, das von diesem Blut gesagt werden könnte, nennt Er nur dieses: Es wird vergossen zur Vergebung der Sünden.“ Da sehen wir, was Er wollte. Zum Trost gegen die Sünde, gegen die Seine Kinder am meisten drückende Not, die Sünde, stiftete Er dieses Gnadenmittel. „Zur Vergebung der Sünden.“

 

Es ist Sünde, es ist das Bewusstsein der Sünde und der Untreue gegen meinen Gott, was mir den Trost und die Freimütigkeit, die ich zu Ihm haben sollte, raubt. Als Heilmittel gegen diese Not und diesen Jammer stiftete der Herr dieses selige Gedächtnisfest Seines Versöhnungstodes.

 

Er hat das Abendmahl als Ruhehütte an unserem Wege aufgepflanzt.

 

Wenn wir von der Wanderung müde, an der Seele matt und hungrig, durch unsere Fehltritte oder unser Straucheln und Fallen betrübt und entmutigt sind, sollen wir da hineingehen und uns mit dem Brot des Lebens, mit dem Gedanken an Ihn und mit dem Genuss des Leibes und des Blutes, welches gegeben war zur Vergebung der Sünden, erquicken, um dadurch aufs Neue gewiss zu werden, dass Er uns nicht zürnt.

 

Daraus folgt: Wenn wir uns in einer besonderen Schwachheit, in einem geistlichen Verfall befinden, ist es dringend an der Zeit, zum Gnadentische des Herrn zu eilen, wie man ja auch wegen derselben Gebrechen zum Worte eilt. Das erklärt auch, dass alte Lehrer, die dies erkannten, so davon reden. Luther sagt: „Du musst oft zu diesem Tische gehen, aber in Sonderheit dann, wenn du wohl dazu geschickt bist, d.h. wenn du mit vielen und schweren Sünden beschwert bist.“ Doktor Schwedberg sagt als Antwort auf die Frage, wann man zum Abendmahl des Herrn gehen solle: „Wenn der „knechtische Geist“ den Platz des „kindlichen Geistes“ in eurem Herzen einzunehmen anfängt.“

  

Sie hatten verstanden, dass das Abendmahl ein Gnadenmittel ist!!! 

Aus dem ‘‘Täglichen Seelenbrot‘‘ von Olaf Rosenius