Gott lässt sich nicht spotten

Die Gnade des Herrn währt von Ewigkeit zu Ewigkeit ... bei denen, die Seinen Bund halten und gedenken an Seine Gebote, dass sie danach tunPsalm 103, 17–18

 

Es ist dies ein feiner Ausdruck für die innere Verfassung eines rechten Christen. Er drückt den beständigen, innigen Wunsch und das Seufzen in den Herzen der Gläubigen aus, den Willen des Herrn tun zu können.

 

Ein Christ kann oft nichts anderes von seinem geistlichen Leben empfinden, als an die Gebote des Herrn zu denken, um danach zu tun.

 

Dies ist der „Hunger und Durst nach der Gerechtigkeit“, wovon Jesus redet und worunter auch die Gerechtigkeit des Lebens verstanden wird. Ein rechter Christ wird in dieser Sache nie vollkommen gesättigt. Die Gebote des Herrn mit ihren geistlichen Forderungen an den inwendigen Menschen stehen immer höher, als dass er das Ziel erreichen könnte! Er seufzt: „Ach dass ich so sein und handeln könnte, wie der Herr fordert!“ Dieses Wünschen und Seufzen ist gleichsam der Atemzug oder der Herzschlag des neuen Menschen. Es ist nichts anderes als „Christus in uns, Gottes Geist im Herzen, eine Teilhaftigkeit der göttlichen Natur“. Dieser reine heilige Geist streitet immer gegen das Fleisch und bewirkt, dass wir, auch wenn wir fallen und uns vergehen, doch nie in der Sünde bleiben können.

 

Hier ist nun ein Stück zur Selbstprüfung.

 

Es heißt: „Gedenken an die Gebote des Herrn, dass wir danach tun“. Verstehen, denken und reden von den Geboten, das können Tausende, sie fangen aber nie an, auch danach zu tun. Es ist ja keine Kunst, an gute Werke zu denken und von denselben zu reden oder sie von anderen zu fordern. Viele sind recht eifrig um das Gesetz und um gute Werke besorgt, wenn es gilt, dass andere dieselben tun sollen, und es wird, so meinen sie, auch nie streng genug davon gepredigt. Aber selber rühren sie die Last nicht mit einem Finger an, sagt Christus. Zu solchen spricht Er: „Was verkündigst du Meine Rechte und nimmst Meinen Bund in deinen Mund, so du doch (deinerseits) Zucht hasst und wirfst Meine Worte hinter dich?“

Hier werden Aufrichtigkeit und Wahrheit gefordert. Gott lässt sich nicht spotten!“

Auch für einen gläubigen Christen ist große Gefahr, wenn er jemals die Lehre von unserer Schwachheit so missbrauchen sollte, dass er noch, nachdem er zum Trost und zum Frieden in Christus gelangt ist, es anstehen lässt, an eine Sache zu denken, die ihm schwerfällt. Das taugt nicht! Man muss immer an des Herrn Gebote gedenken, dass man danach tue, nachdem man seine volle Gerechtigkeit und seinen Frieden in Christus erhalten hat.

 

Die Kraft, die du noch nicht erhalten hast, kannst du doch noch erlangen. Was dir unmöglich erscheint, ist dem Herrn leicht. In demselben Augenblick, in dem Paulus von seiner eigenen Schwachheit redet, redet er zugleich auch von der Kraft Gottes in den Schwachen. „Wenn ich schwach bin, so bin ich stark; Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig.“

 

Wenn du darum fröhlich in deinem Gott und der Vergebung deiner Sünden gewiss bist, dann musst du in vertraulicher und ernsthafter Weise die Sache, die dir zu schwer ist, auf das Herz deines milden Heilandes legen und um Seine Kraft bitten, das tun zu können, was Er fordert, mit Augustinus sprechend: „Befiehl mir, Herr, was Du willst; aber gib Du selber mir das, was Du befiehlst!“

 

Du weißt, o Herr, dass ich selber gar nichts vermag!

 

Aber auch wenn du nicht alles erhältst, was du auf diesem Wege begehrst, nicht all das Gute tun kannst, was du wolltest, so ist es doch nötig, dass du an des Herrn Gebote denkst und darum bittest, auf dass du durch solche Übung stets in einer lebendigen, persönlichen Erfahrung deiner Schwachheit erhalten bleibst, die dann die heilsame Demütigung bewirkt, die Gott bezweckt, wenn Er uns dem Teufel und uns selber überlässt. Denke daran!

 

Das bloße Wissen von unserer Schwachheit bewirkt nicht diese Demütigung.

 

Und nichts kann trauriger sein, als wenn ein sonst gläubiger Mensch in solche Lässigkeit gerät, dass er nicht mehr der Gebote des Herrn gedenkt, um danach zu tun, so dass er durch seine Mängel gedemütigt und gebeugt wird. Beachte dies tief! Wenn ein Mensch von unserer großen Ohnmacht und von unseren Mängeln redet, aber dabei ungebrochen, selbstzufrieden und stolz ist — ach ein schneidender Anblick, ein widerliches Gerede!

 

Das rührt von der Sicherheit und der Lässigkeit her.

 

Es ist darum in allen Beziehungen wichtig, daran zu denken, den Willen Gottes zu tun. Es ist z.B. wahr, dass wir nicht beten können, wie wir sollen.

 

Wir sind oft so zerstreut, träge und kalt im Gebet.

 

Es ist auch wahr, dass, wer in seiner Not darüber doch an Christus glaubt, nicht verzweifeln noch dem Unglauben Raum geben soll. Sollte ich aber deshalb nie mein Fleisch mit Beten beschweren? Das sei ferne!

 

Ich muss ja doch beten, so wie ich kann, und dabei Gott zugleich um die Gnade bitten, besser beten zu können. Ebenso geht’s in allen anderen Fällen, wo meine Ohnmacht mir zu groß wird. Ich kann nicht so mild, sanftmütig, demütig, liebevoll, keusch, geduldig sein, ich kann Christus nicht so bekennen, mein Gut nicht so für meinen Nächsten opfern, wie ich sollte.

 

Diese guten Dinge darf ich darum aber nicht vergessen, sondern ich muss dennoch der Gebote des Herrn gedenken, um danach zu tun, und Gott beständig um mehr und mehr Kraft dazu bitten.

 

Alles das ist die Übung aller Gläubigen, es ist ihre neue Natur, es ist das Werk des Geistes in ihnen.

 

Wir müssen nur danach trachten, dass wir immer dem Geiste gehorsam sindund auf Ihn hören und nicht aufs Neue in Sicherheit einschlafen.

 

Der Du Dich, Herr, für mich in den Tod gegeben,

Gib mir die Gnade nun, für Dich zu leben!

Entnommen aus dem Buch von Mag. Olof Rosenius – ‘‘Tägliches Seelenbrot‘‘

(herausgegeben von LUTH. MISSIONSVEREIN SCHLESWIG-HOLSTEIN E.V. http://www.rosenius.de)