Zucht dient zur Stärkung meines Glaubens

Seid ihr ohne Züchtigung, welcher sie alle teilhaftig geworden sind, so seid ihr Bastarde und nicht Kinder. Hebr. 12,8

 

Das Gewisseste, was es geben kann, ist dieses, dass Gott ein unbegreiflich liebevolles und zärtliches Wesen ist. Was bedeutet es da, dass alle Kinder Gottes auf Erden leiden sollen? Hier ist die Weisheit, hier ist die Offenbarung der heimlichen Gedanken Gottes. Wenn unsere Augen nur geöffnet würden, um zu sehen, was das Leiden der Kinder Gottes bezeichnet, dann würden wir alle unsere Leiden so innig lieben und uns über sie so freuen wie über liebliche Himmelsbotschaften von unserem Vater, der uns durch diese freundlich grüßt: „Seid guten Muts, ihr kommt in den Himmel. Fühlt ihr nicht, dass Ich schon angefangen habe, euch darauf vorzubereiten, angefangen habe, euer Fleisch zu töten und euren Geist, eure Seele und euren Leib zu reinigen, zu läutern und zu heiligen? Glaubt fest, dass Ich euch nicht ohne Absicht so zubereite! Glaubt fest, dass Ich, wenn Ich euch für den Himmel bereite, auch gedenke, euch wirklich dahin zu nehmen!“

 

Dieses Zeichen redet deutlich. Sogar die Blinden haben die Wahrheit erkannt, dass Gott seinen Kindern ein ewiges Leben im Himmel zugedacht hat. Mit bloßer Vernunft kamen viele Denker allein durch diesen Umstand zur Gewissheit, dass es nach diesem irdischen ein ewiges Leben gibt - nämlich durch die Tatsache, dass es „den Gerechten geht, als hätten sie die Werke des Gottlosen getan“, dass es dagegen den Ungerechten in allen Dingen gut geht. Dabei haben diese Denker aus allem, was sie von Gott in der Schöpfung sehen, verstanden, dass Er ein durchaus vollkommenes Wesen sein muss, vollkommen an Gerechtigkeit, Güte, Liebe und Zärtlichkeit gegen die Menschen. Darum muss nach dieser Zeit eine andere kommen, in der das Unebene geebnet werden und in der Lazarus sein Gutes, der reiche Mann aber sein verdientes Übel erhalten soll. Manche haben sogar verstanden, dass alles Leiden, das die Kinder Gottes haben, nichts anderes ist als die Arbeit des heiligen Gottes, die Sünde in uns zu töten und unsere Heiligung zu vollenden. Denn sie haben das mit den Augen gesehen, was der Apostel Paulus sagt, dass, „wer am Fleisch leidet, der hört auf von Sünden“, weil der alte Mensch durch Leiden und Trübsale in seinen Lüsten und Begierden geschwächt und ermattet wird.

 

So verstehen wir die Absicht Gottes mit unseren Leiden. Er bereitet uns für den Himmel. Er tötet unsere Sünde und vollzieht unsere Heiligung. Wie würde es mit unserem ganzen Christentum, mit dem Werk des Geistes in unserer Seele gehen, wenn Gott uns nicht beständig mit Leiden züchtigte und salzte? Fühlen wir nicht täglich, wie wir alsbald schläfrig, fleischlich und weltlich zu werden anfangen, wenn alles eine kleine Zeit lang gut gegangen, ruhig und glücklich gewesen ist? Und wie würde der Glaube geübt und erhalten werden, wenn wir keine Prüfungen hätten? Für den Glauben ist es die natürliche Übung, dass wir in eine Lage geführt werden, in der wir nichts sehen und weder Hilfe noch Kraft haben, sondern nur von dem allmächtigen, wahrhaftigen Gott abhängen müssen. Wie würde es mit unserem Gebet gehen, wenn wir stets das besäßen, was wir nötig haben, oder wenn wir uns selber helfen könnten? Wie würde es mit unserer Gottesfurcht gehen, wenn Gott sich nicht zuweilen zornig zeigte? Wie könnten wir noch die Gnade schätzen, wenn wir ein für allemal von unseren Sünden im Fleisch befreit würden oder uns von denselben frei machen könnten, sobald wir wollten? Wie würde es mit der Liebe und Demut werden, wenn wir selbst nie einige Demütigungen hätten? Es geht trotzdem leider langsam und schwach genug mit dem Wachstum in diesen guten Dingen.

 

Wie aber würde es gehen, wenn wir keine Züchtigung hätten? - Hieraus sehen wir, wie unbedingt notwendig es für unsere Zunahme im Guten, für unsere Heiligung und unser Bewahrtwerden vor dem geistlichen Tode und der Überhandnahme der Sünde ist, dass Gott uns beständig mit Seiner weckenden und strafenden Zucht nachgeht.

 

Dies ist auch der Hauptgrund, weshalb früher alle Heiligen und auch heute noch alle wahren Kinder Gottes Bitteres, Leiden und Züchtigungen haben müssen. Dies ist eine so bestimmte Ordnung Gottes, dass der Apostel sagt: „Seid ihr ohne Züchtigung, welcher sie alle teilhaftig geworden sind, so seid ihr Bastarde und nicht Kinder.“  

 

Wahrlich, eine deutliche Sprache!

 

Sie sagt uns ausdrücklich, dass du, so wahr du ein Kind Gottes bist, Züchtigung haben musst!

 

Wenn du ohne Züchtigung bist und frei nach deinem Belieben leben kannst, ist dies ein entscheidendes Zeichen dafür, dass du ein Bastard und kein Kind im Hause bist. Wir verstehen wohl, dass die kleinen, zarten Kinder noch keiner äußeren Züchtigung bedürfen, sie werden noch durch das Wort und den Geist so gut geleitet. Wenn sie aber teils herangewachsen sind, so dass sie die schärferen Läuterungen vertragen, teils angefangen haben, in der Länge der Zeit schläfrig und nachlässig zu werden, dann sollen sie gezüchtigt werden.

 

Denn dass ein Kind Gottes so rein und gut sein würde, dass es nicht nötig hätte, noch mehr gereinigt und geläutert zu werden und zuzunehmen, das ist etwas, wovon die Schrift nichts weiß.

 

Demnach ist es eine Regel ohne Ausnahme, dass alle diejenigen, die für den Himmel bereitet werden sollen, gezüchtigt, gestäupt und geläutert werden müssen.

 

O so nehmet denn die Leiden

Dankbar an aus Gottes Hand;

Sie sind Boten naher Freuden,

Sind des Glückes Unterpfand.

Entnommen aus dem Buch von Mag. Olof Rosenius – ‘‘Tägliches Seelenbrot‘‘

(herausgegeben von LUTH. MISSIONSVEREIN SCHLESWIG-HOLSTEIN E.V. http://www.rosenius.de)