Der alte Mann und das Zeugnis des Nikodemus.   (Johannes 7, 40-53)

 

Rolf Müller

 

Über Jesus war in Jerusalem heftiger Streit entbrannt. Nach seiner Tempelrede auf dem Laubhüttenfest erhitzten sich die Gemüter. Die Meinungen waren geteilt. Ist er ein Prophet oder gar der Messias? Der Hohe Rat hatte sein Urteil schon beschlossen. Der Störenfried musste beseitigt werden. Sie schickten Diener aus, die ihn gefangen nehmen sollten. Aber die kamen unverrichteter Dinge zurück. Sie hatten nicht gewagt, Hand an ihn zu legen. Die Rede Jesu hatte einen gewaltigen Eindruck bei ihnen hinterlassen.

 

Den alten Mann beeindruckt das Zeugnis des Nikodemus. Er ergreift Partei für Jesus. Er fordert Recht und Gerechtigkeit. „Wollt ihr richten, bevor ihr den Fall untersucht habt? Ihr tretet das Recht mit Füßen!“ Nikodemus bekennt vor dem Hohen Rat seinen Glauben an Jesus. Das war sehr mutig.

 

Der alte Mann liest, wie die Rede die Männer des Hohen Rats erbitterte. Sie beschimpften Nikodemus. „Bist du auch ein Galiläer? Weißt du nicht, dass aus Galiläa noch kein Prophet gekommen ist?“ Sie konnten Nikodemus nichts entgegnen.

 

In ihrer Wut schreckten sie nicht vor Geschichtsfälschung zurück. Jona, Nahum und andere waren aus Galiläa. Jesaja weissagte, dass der Messias als das Licht der Welt in Galiläa aufgehen wird. (Matthäus 4,14-15). Die Leute im Hohen Rat stellten die geschichtlichen Tatsachen in Frage. Sie wollten die Wahrheit gar nicht wissen. Nikodemus hatte mit seinem mutigen Eintreten für Jesus erreicht, dass die Ratssitzung ergebnislos auseinander ging. Gespalten und uneinig gingen sie nach Hause.

 

Der Protest des Nikodemus hatte zunächst ihr Vorhaben vereitelt, Jesus zu beseitigen.  Er hatte ihre ganze boshafte Ungerechtigkeit aufgedeckt. Jesus blieb vorläufig auf freiem Fuß. Seine Stunde war noch nicht gekommen. Der Hass auf Jesus blieb. Sie trachteten ihm weiterhin nach dem Leben.

 

Wir sollen deine Zeugen sein, Herr, öffne unsern Mund!

Herr, nimm uns ganz zu dir hinein, 

dass du dich machest kund!

 

(Martha Müller-Zitzke)