Der alte Mann und die Freundschaft Jesu
(Joh. 15, 13-16)
Rolf Müller
Der Herr Jesus nennt die Seinen Freunde. Was bedeutet das? Ein Freund ist ein Vertrauter. Einem Freund kann man alles anvertrauen. Freunde stehen sich nah. Freundschaft bedeutet Harmonie. Freunde haben ein gemeinsames Ziel. Einer freut sich am andern. Sie teilen Freude und Leid.
Der alte Mann gibt zu bedenken, dass die oft erwähnte sogenannte Freundschaft der Welt ihren Namen nicht verdient. Die Welt macht ein großes Geschrei um ihre Freundschaft. Das ist oft nur eine Gut-Wetter-Freundschaft. In Zeiten der Not geht sie in die Brüche.
Der alte Mann ist traurig, wenn er sieht, wie Christen wetteifern um die Freundschaft der Welt. Wenn Christen ihre Ehre darin suchen, die Welt zum Freund zu haben. Auch wenn jemand aller Welt Freund wäre, was würde es ihm in seiner letzten Stunde nützen?
Im Gegensatz dazu hat der alte Mann erfahren, dass die Freundschaft mit Jesus sich auch in schweren Tagen als echt erweist. Sie begleitet uns durchs ganze Leben bis zur Herrlichkeit. Jesus ist der wahre Freund. Er nennt seine Jünger „meine Freunde“. Wir sind sein teuer erkauftes Eigentum. Wir sind sein für Zeit und Ewigkeit. Jesus ist unser Trost im Leben und im Sterben. Er täuscht und betrügt nicht. Auf ihn können wir uns felsenfest verlassen. Er ist unser, wir sind sein.
Und doch kennt der alte Mann einen gewaltigen Unterschied. Es ist zwischen Jesus und uns ein unendlicher Abstand. Er ist der Sohn Gottes, der Herr der Herrlichkeit. Wir sind Staub. Er ist von oben, wir sind von unten. Er ist vom Himmel, wir sind von der Erde. Aber der Herr Jesus selbst hebt diesen himmelweiten Unterschied auf. Er lässt sich herab zu uns Geringen. Er stellt sich uns gleich. Er nennt uns Freunde. Er ist der Urheber der Freundschaft. Von ihm geht sie aus.
„Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt.“ Er hat uns erwählt vor Grundlegung der Welt. Es ist seine freie Gnade. Es ist schon etwas Großes, wenn man ein Knecht Jesu Christi ist. Wieviel mehr bedeutet es, sein Freund zu sein!
Dem alten Mann ist bewusst, dass Freundschaft verpflichtet. Jesus sagt: „Ihr seid meine Freunde, so ihr tut, was ich euch gebiete.“ Was hat er geboten? Wir sollen in seiner Liebe bleiben und uns untereinander lieben. Wir sind Jesu Freunde, wenn wir uns an sein Wort halten. Das heißt nicht, dass wir uns das Freundesrecht dadurch erwerben müssen. Nein! Es ist eine logische Folge der Freundschaft.
„Ich habe euch bestimmt, dass ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibe.“ Auch das ist keine Forderung, sondern die Folge der Freundschaft mit Jesus. Der Herr wirkt das Wollen und das Vollbringen.
Der alte Mann weiß, dass er Freundschaften aufgeben muss, die sich mit der Freundschaft Jesu nicht vertragen. Wir können nicht zwei Herren dienen. Freundschaft mit der Welt ist Feindschaft gegen Gott. Freunde Jesu erfahren den Hass der Welt. Sie dürfen hier keine Ehrenkrone erwarten. Sie tragen die Schmach Christi. Aber wenn Jesus wiederkommt, werden seine Freunde mit ihm offenbar werden in Herrlichkeit!
Welch ein Freund ist unser Jesus,
o wie hoch ist er erhöht.
Er hat uns mit Gott versöhnet
und vertritt uns im Gebet.
Wer mag sagen und ermessen,
wieviel Heil verloren geht,
wenn wir nicht zu ihm uns wenden
und ihn suchen im Gebet.
Wenn des Feindes Macht uns drohet
und manch Sturm rings um uns weht,
brauchen wir uns nicht zu fürchten,
stehn wir gläubig im Gebet.
Da erweist sich Jesu Treue,
wie er uns zur Seite steht
als ein mächtiger Erretter,
der erhört ein ernst Gebet.
Sind mit Sorgen wir beladen,
sei es frühe oder spät,
hilft uns sicher unser Jesus,
fliehn zu ihm wir im Gebet.
Sind von Freunden wir verlassen,
und wir gehen ins Gebet,
o so ist uns Jesus alles: König,
Priester und Prophet.
(Ernst Gebhardt).