Der Weg der Trübsal bleibt keinem Jünger Jesu erspart!

Wir müssen durch viel Trübsal in das Reich Gottes gehen. - Apg.14,22

 

Das ist der Weg, den alle Kinder Gottes durch dieses Leben haben gehen müssen.

 

Mit mehr Alter und Gnade, mehr Glauben und Gaben sind stets auch schwerere Versuchungen verbunden gewesen.

Hier gestattet der Herr, dass der Satan Seine Gläubigen sichten darf wie den Weizen, so dass ein David oder ein Petrus in die gröbsten Sünden fällt; dort gestattet Er bösen Menschen, Unglücksfällen und langwierigen Anfechtungen, das ganze irdische Wohlergehen eines Christen zu zerstören, wie es dem Hiob geschah. Hier gibt Er Seinem Freunde Abraham den Befehl, Isaak, den Sohn der Verheißung, der dem Vaterherzen die größte Freude und Verwunderung war, zu opfern; dort muss der Lieblingssohn Israels, Joseph, mit all seinen Hoffnungen und Offenbarungen als ein Sklave in ein fremdes Land verkauft und entführt werden. Hier lässt der Herr einen Paulus zu mehreren Malen um Erlösung vom Teufel bitten und gibt ihm eine abschlägige Antwort. Dort lässt Er einen Johannes, „den Freund des Bräutigams“, „den Größten, der (nächst dem Sohne Gottes) von einem Weibe geboren ist“, gleichsam gänzlich verlassen im Gefängnis des Herodes sitzen und zuletzt, wie zum Scherz, verächtlich getötet werden, ohne dass er wie andere Märtyrer vor einer Schar Zuschauer mit seinem Glauben und seiner Freimütigkeit Gottes Kraft preisen könnte. Es heißt nur: „Gib mir her auf einer Schüssel das Haupt des Johannes.“

 

Wie deutlich wird hier doch, dass Glauben ohne Sehen erforderlich war.

 

Dass Johannes ein Augapfel Gottes, ein Liebling Seines Herzens und der nächste Freund Seines Sohnes auf Erden war und darum mit einer besonderen Liebe von Gott umfasst wurde, konnte man nicht sehen; jetzt war die Liebe Gottes wahrlich tief verborgen. So aber pflegt Gott mit denen zu handeln, die Er am meisten liebt, die Er am meisten begabt hat und am meisten verherrlichen will. Gegen sie stellt Er sich so, als wollte Er gar nichts von ihnen wissen, lässt allerlei Not und Sorge über sie ergehen, lässt ihre eigenen Sünden und Gebrechen sie erschrecken, die Welt und den Teufel sie anfechten, und wenn sie zu Gott, ihrem alleinigen Trost und Helfer, fliehen, dann stellt Er sich lange Zeit, als hörte Er sie nicht. Da jammern dann die lieben Kinder Gottes ängstlich und wähnen, von Gott um ihrer Sünden willen mit Recht und auf immer verlassen zu sein. Dann hört man den Mann nach dem Herzen Gottes bitter klagen: „Ich bin von Deinen Augen verstoßen!“ Dann jammert Jeremia: „Der Herr hat Seine Hand gewendet wider mich und mich mit Galle und Mühe umgeben. Er hat mich vermauert, dass ich nicht heraus kann. Er hat meinen Weg vermauert mit Werkstücken und meinen Steig umgekehrt. Und wenn ich gleich schreie und rufe, so stopft Er die Ohren zu vor meinem Gebet.“ – Und Daniel, der durch einen Engel das Zeugnis von Gott erhalten hatte: „Du bist lieb und wert“, bricht, als er sechs Tage und sechs Nächte hindurch in der Löwengrube gewesen war und der Herr ihm endlich Essen zusendet, in Verwunderung darüber aus, dass Er ihn nicht vergessen habe, denn er ruft aus: „Herr Gott, Du gedenkest ja noch an mich!“

 

Welcher Beispiele bedürfen wir weiter! Der Vorgänger in allem, der eingeborene, geliebte Sohn Gottes, ruft in Seiner tiefsten Not: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen? Ich heule, aber Meine Hilfe ist ferne.“ Wenn alle Heiligen Gottes so geklagt haben und dabei doch in der größten Gnade bei Ihm gewesen sind, sollten dann nicht auch wir uns auf denselben Weg bereiten? Derjenige, dessen Glaube nicht geprüft und nicht angefochten wird, hat wahrlich keinen lebendigen Glauben. „Seid ihr ohne Züchtigung, so seid ihr Bastarde und nicht Kinder.“

 

Zum mindesten wird jeder wahre Christ von seinen eigenen Sünden so angefochten werden, dass es ihm schwerfallen wird, Gottes Gnade zu glauben.

 

Danach werden auch der Teufel und die Welt auf allen Seiten ihn anfechten, so dass er auf Erden nicht viel Ruhe haben wird, wie Prätorius so deutlich sagt: „Jeder Christ muss zuerst einen Teufel, danach einen Judas, danach einen Kaiphas und Pilatus haben und sich bis aufs Blut wohl geißeln lassen. Wenn der eine aufhört, müssen zwei andere angreifen, und wenn diese aufhören, müssen sich vier einfinden, der eine ärger als der andere, und so fort, bis das Leiden vollendet ist. Je heiliger Christ, desto größerer Märtyrer. Ein frommer Christ muss alles Bittere schmecken und oft keinen einzigen Tröster haben.“

Und die Ursache dieser verwunderlichen Regierung ist diese, dass Gott der Herr kein besseres Mittel gefunden hat, um unseren alten Adam zu töten.

 

So will Er den adamitischen Sinn bei uns ersticken, der immer sehen, begreifen, mit dem Herrn Rechnung halten und über Seine Wege und Absichten urteilen will. So will Er das in uns wirken und üben, was eigentlich Glaube heißt. Darum hat Er all das Böse, das aus dem Fall Adams geflossen ist, bei uns gelassen: die ganze Sündenflut, das ganze innere Verderben sowie die Schar von bösen Geistern und ihre Einwirkung auf unsere Sinne nebst der Finsternis und Qual, die sich davon herleiten und ein Herz plagen, das heilig und rein, geistlich und himmlisch sein wollte. Da nun das Herz eines Erweckten das zarteste und kleinmütigste Ding auf Erden ist, so empfindlich wie eine offene Wunde, in der ein Sandkorn und ein Windhauch Schmerzen verursachen, so kann man sich leicht vorstellen, wie das Leben eines Christen von bitteren Gefühlen, Besorgnissen und Anfechtungen erfüllt sein muss, welche die Seelen der Gläubigen wie dicke und schwarze Wolken umgeben.

 

Züchtigung wir nötig haben,

Nötig haben wir sie sehr;

Sie gehört zu Gottes Gaben,

Ist sie manchmal noch so schwer.

 

Leicht erstickt das Gnadenleben,

Hätten Frieden wir allzeit;

Eitel wäre alles Streben,

Hielt uns Gott nicht stets im Streit.

Aus dem ‘‘Täglichen Seelenbrot‘‘ von Olaf Rosenius

Entnommen aus dem Buch von Mag. Olof Rosenius – ‘‘Tägliches Seelenbrot‘‘

(herausgegeben von LUTH. MISSIONSVEREIN SCHLESWIG-HOLSTEIN E.V. http://www.rosenius.de)