Der Glaube und das Gebet - die Verheißungen Gottes

Das ist die Freudigkeit, die wir zu Ihm haben, dass, so wir etwas nach Seinem Willen bitten, so hört Er uns. 
1. Joh. 5, 14

  

Es ist ein schädlicher Missbrauch des Gebetes, wenn „man im Gebet am Worte vorbeigeht“. Viele erflehen und glauben etwas, was Gott nie verheißen hat. Das heißt den Herrn versuchen und sich selber betrügen! Jemand bittet Gott um das tägliche Brot, ohne selber arbeiten zu wollen, oder um die Aufrechterhaltung seines geistlichen Lebens, ohne das Wort Gottes benutzen zu wollen. Ein anderer bittet Gott um Gnade zur Heiligung, während er noch unter dem Gesetz steht, oder um Kraft zu Früchten des Glaubens, wenn er noch keinen Glauben hat und noch nicht in Christus eingepfropft ist. Ein Dritter bittet um ein seliges Ende, obwohl er nie auf dem Wege wandelte, der zum Leben führt — oder „um unbedingte Erhörung“ in solchen Dingen, bei denen es ungewiss ist, was in den Augen des all weisen Gottes das Nützlichste ist usw.

 

Alles solches ist nichts anderes, als den Herrn versuchen und sich selber betrügen.

 

Der Glaube und das Gebet müssen immer eine Verheißung von Gott haben, auf die sie sich gründen können, sonst sind sie nichtig.

 

Andere dagegen haben Verheißungen und Zusagen von Gott über Dinge, die sie wünschen, benutzen dieselben aber nicht, bedenken sie nicht und nehmen Gott nicht beim Wort, sondern gehen ohne Glauben und ohne Gebet einher; oder wenn sie auch beten, so beten sie doch ohne Glauben an das Wort und beten darum „in den Wind hinein“, beten mit Unlust und Kälte. Das ist zuweilen auch bei den redlichsten Gnadenkindern der Fall.

 

Höre drum: Erstens ist zu einem rechten Gebet des Glaubens erforderlich, dass es nicht dein eigenes Unternehmen ist, sondern sich mit dem Befehl und der Zusage Gottes deckt und du zum Herrn sagst: „Du hast mir befohlen zu beten; ich tue jetzt nur, was Du mir befohlen hast“, oder wenn du mit David sprichst: „Mein Herz hält Dir Dein Wort vor: Ihr sollt Mein Antlitz suchen! Darum suche ich auch, Herr, Dein Antlitz; ich tue nur, was Du mir befohlen hast.“

 

Zweitens ist es erforderlich, dass du nicht nur vor Gott kommst mit deinen eigenen Gedanken, deinem eigenen, trügerischen, lügenhaften Urteil deines Herzens über Ihn, über Seine Gesinnung und über Seine Antwort auf dein Gebet, sondern dass du dich mit Seinen eigenen Worten wappnest, diese bedenkst und sie Gott vorhältst: „Ich begehre nur, was Du mir zugesagt hast, tue nur, wie Du gesagt hast, ja, tue nur nach Deiner eigenen Natur und Lust. Du hast gesagt: Ich bin gnädig, barmherzig, allmächtig und wahrhaftig; Meine Lust ist, euch Gutes zu tun und Ich warte darauf, dass Ich ihnen gnädig sei. Tue dann nach Deiner eigenen Natur und Lust und nach Deiner Gesinnung!“

 

Ein solches Bild von Gott werden die Vernunft, das Gefühl und der böse Feind deinem Herzen allerdings unaufhörlich entreißen wollen, wenn du ihnen auch nur das Geringste einräumst.

 

Darum ist hier oft ein harter Kampf notwendig, um beim Wort bleiben zu können.

 

Halte darum die Augen ohne den geringsten Seitenblick fest aufs Wort gerichtet und denke so: „Ist es nicht wahr, was geschrieben steht, so ist es mir einerlei, wie es mir geht.“

 

Drittens ist es erforderlich, dass du nicht mit deiner eigenen Würdigkeit oder in deinem eigenen Namen zu Gott kommst, sondern deinen „Mittler“ an deine Stadt stellst, an dem Gott Sein Wohlgefallen hat.

 

Viertens endlich ist vonnöten, dass du dein Gebet so vorträgst, dass deine Sache nicht von dir und deiner Würdigkeit, sondern von Gott und Seiner Ehre abhängt, und nicht dein Glaube, sondern Gottes Treue, nicht dein Gebet, sondern die Wahrhaftigkeit Seiner Verheißungen die Probe bestehen muss.

 

Alles dies geschieht dadurch, dass man Gott beim Worte nimmt oder, wie David sagt, „Ihm Sein Wort vorhält“.

Das war die Kunst der alten Glaubenshelden, wenn sie im Gebet mit Gott gekämpft haben. Als der Patriarch Jakob sich in Angst und Schrecken vor seinem Bruder Esau und der Ankunft seiner Heere befand und nun den Herrn um Hilfe bat, sagte er: „Gott meines Vaters Abraham und Gott meines Vaters Isaak, Herr, der Du zu mir gesagt hast: Ziehe wieder in dein Land und zu deiner Freundschaft, Ich will dir wohltun, errette mich von der Hand meines Bruders, von der Hand Esaus!“

 

Er wollte dadurch Gott an Seine Verheißungen erinnern, die Er diesen Vätern gegeben hatte, dass nämlich ihre Nachkommen sehr zahlreich werden sollten. Die Erfüllung hing nun von der Errettung Jakobs und seiner Kinder ab; denn wenn sie vernichtet würden, wie wäre dann die Verheißung erfüllt worden? Zugleich aber liegt darin der Gedanke: Wenn ich auch unwürdig bin, so denke doch daran, dass ich der Sohn Deiner Diener Abraham und Isaak bin, die Du ja liebhast.

 

Weiter sagt er: „Der Du zu mir gesagt hast: Ziehe wieder in dein Land und zu deiner Freundschaft, Ich will dir wohltun“, was soviel heißt wie: Du selber hast mir befohlen, diese Reise anzutreten, darum musst Du für mich sorgen, denn Du hast mir versprochen, dass „Du mir wohltun willst“.

 

Nun, Herr, kommt es auf die Wahrheit Deiner Worte an; denn wenn Esau uns vernichtet, wie wird dann die Verheißung erfüllt: „Ich will dir wohltun“? Gerade als wollte er sagen: Es bedeutet nicht viel, ob ich vernichtet werde; aber, was wird dann aus Deiner Verheißung, Deiner Wahrhaftigkeit, Deinem Namen und Deiner Ehre?

 

Der es im Ernst befohlen,

Die Gaben abzuholen,

Der kann uns nichts versagen,

Wenn wir’s im Glauben wagen.

Er will uns durch’s Verheißen

Aus allem Zweifel reißen;

Die Wahrheit kann nicht lügen,

 

Die Treue kann nicht trügen.

 

Entnommen aus dem Buch von Mag. Olof Rosenius – ‘‘Tägliches Seelenbrot‘‘

(herausgegeben von LUTH. MISSIONSVEREIN SCHLESWIG-HOLSTEIN E.V. http://www.rosenius.de)