Gott kennt die Herzen aller Menschen

Ich bin der, der Nieren und Herzen erforscht, und werde einem jeglichen unter euch nach seinen Werken geben. Offb. 2, 23

 

Wie soll man bei dieser und ähnlichen Stellen in der Schrift der Auffassung entgehen, dass die Seligkeit aus unseren Werken komme?

 

Antwort: Die ganze Schwierigkeit rührt daher, dass man die Worte nicht genau beachtet. Die Schrift sagt an keiner Stelle, dass wir gerecht oder selig werden um der Werke willen, sondern gerade dies verwirft sie überall.(Röm.4, 2–5; 11,6;Eph. 2, 9; Tit.3, 5)

Dass wir aber nach den Werken gerichtet werden sollen, lehrt die Schrift überall.

(Jer. 17, 10; 32, 19; Hes.18, 30, Math. 16, 27; 25, 34–45; 2. Kor. 5, 10; Offb.2, 23; 20, 12; 22, 12)

 

Obwohl Gott in Seiner Allwissenheit die Herzen aller Menschen kennt, so hat Er doch von Anfang an diese Ordnung festgelegt, dass unser Innerstes aus unseren Werken bewiesen und bezeugt werden soll. Abraham, der Vater der Gläubigen, wurde hierin zu einem deutlichen Vorbild gemacht. „Er glaubte Gott“ in der Verheißung des gesegneten Samens, „und das wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet“. Jetzt war er vor Gott gerecht und ein Freund Gottes. Aber dies sollte auch in äußerlicher Handlung bewiesen werden; und als er jetzt dem Befehle Gottes gehorchte, da sagte der Engel des Herrn: „Nun weiß ich, dass du Gott fürchtest und hast deines einzigen Sohnes nicht verschonet um Meinetwillen.“

 

Hierüber sagt der Apostel Jakobus, dass Abraham durch die Werke gerecht wurde, d.h. als gerecht erwiesen, für gerecht erklärt.

 

So wird es auch im Jüngsten Gericht zugehen.

 

Unsere Werke werden zeugen entweder von der Gnade, die in den Gläubigen wirksam gewesen ist, oder von der Gottlosigkeit, die in den Ungläubigen wohnt.

Christus spricht: „Kann man auch Trauben lesen von den Dornen oder Feigen von den Disteln? Also ein jeglicher guter Baum bringt gute Früchte, aber ein fauler Baum bringt arge Früchte.“ „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“

 

Die guten Werke machen den Menschen nicht gut, sondern sie beweisen, dass er gut ist. Er ist nicht darum gut, weil er Gutes tut, sondern er tut darum Gutes, weil er gut ist. Und Gott muss zuerst sein Herz gut machen, bevor er etwas tun kann, was Gott für gut ansieht.

 

Wenn Christus uns nach unseren Werken richten wird, dann wird Er nicht auf die äußere Form oder die Größe der Werke sehen, sondern auf ihre wirkliche innere Güte, d.h. auf die Quelle oder den Beweggrund. Es ist dies ein Umstand, den die Welt nie verstehen will, den der Herr Christus aber so oft und so eifrig hervorhob.

 

Bei Mat.6,1 spricht Er: „Wenn du deine Almosen vor den Leuten gibst, dass du von ihnen gesehen werdest, so hast du keinen Lohn bei deinem Vater im Himmel.“ Und warum das? Wir sehen hier, wie der Herr nach dem Beweggrunde sieht! Das Werk, das der Herr am Jüngsten Tag nennen will, ist ja dasselbe, nämlich Almosen zu geben; darum aber, weil es nicht aus dem rechten Beweggrunde getan wurde, ist es jetzt verworfen.

 

Bei Mat.10, 42 spricht Er: „Wer dieser Geringsten einen nur mit einem Becher kalten Wassers tränkt in eines Jüngers Namen, wahrlich, Ich sage euch, es wird ihm nicht unbelohnt bleiben.“ Ein Becher kalten Wassers ist ein sehr kleines Almosen; aber um des Beweggrundes willen, dass es „in eines Jüngers Namen“, d.h. um Christi willen, gegeben war, beteuert der Herr, dass dieses Werk nicht unbelohnt bleiben wird, so gering es an und für sich auch ist.

 

Bei Mark. 9,41 spricht Jesus dies noch deutlicher aus: „Wer euch tränkt mit einem Becher Wassers in Meinem Namen, darum dass ihr Christus angehört, wahrlich ich sage euch, es wird ihm nicht unvergolten bleiben.“

 

Da wir nun die Sache selbst verstanden haben, so müssen wir auch die Worte etwas näher betrachten. Der Herr sagt, dass Er „einem jeglichen nach seinen Werken geben wird“.

 

Gott hat von den Menschen gleichsam Gutes oder Böses empfangen, und so, wie Er es erhalten hat, hat Er es auf ihre Rechnung geschrieben, um es am Tage Seines gerechten Gerichtes einem jeden zurückzugeben, nämlich so, wie wir es jetzt durch Christus haben erklären sehen.

 

Ferner sagt Er: „einem jeglichen“ — Gott wird einem jeglichen geben. Manchen hier auf Erden scheint es, als ob sie gleichsam in der Menge verborgen wären, so dass Gott ihnen mit Seinen Augen nicht so genau folgen würde. Gott aber ist so groß, dass er auch jeden Vogel kennt. Er vermag ebenso genau auf jeden Menschen achtzugeben, als gäbe es nur einen einzigen auf Erden.

 

Im Jüngsten Gericht wird ein jeder bloß und nackt vor die Augen des Richters gestellt und nach seinen Werken gerichtet werden.

 

Und denjenigen, die selber für ihre Sünden einstehen, d.h. die noch unter dem Gesetz sind und nach ihm gerichtet werden sollen, wird nicht ein einziges unnützes Wort erlassen werden, wie Christus erklärt: „Ich sage euch, dass die Menschen am Jüngsten Gericht Rechenschaft geben müssen von einem jeglichen unnützen Wort, das sie geredet haben.“

 

Aber auch die Gläubigen werden verschiedene Grade der Seligkeit je nach ihren Werken erhalten, wie wir aus dem Gleichnis Jesu von den anvertrauten Zentnern

(Mat.25, 14–29) und aus anderen Stellen sehen.

Auch das liegt in den Worten: „Er wird einem jeglichen nach seinen Werken geben.“

 

Lehr’, Jesu, mich bedenken,

Was ewig nützet mir.

Du gnädig wollst mir schenken

Das Leben nur aus Dir.

Dann kann ich froh hienieden

Dem Tod entgegenseh’n,

Er bringt mir ew’gen Frieden.

 

Aus dem ‘‘Täglichen Seelenbrot‘‘ von Olaf Rosenius

(herausgegeben von LUTH. MISSIONSVEREIN SCHLESWIG-HOLSTEIN E.V. http://www.rosenius.de)