Ich habe keine Zeit

 

Das ist das Klagelied unserer Tage: "Keine Zeit!" Wir sind gejagt, gehetzt und haben viel zu tun. Das Ergebnis: Tausendmal sagen wir es, tausendmal wird es uns gesagt: "Keine Zeit!" Es gehört unter uns schon fast zum guten Ton, keine Zeit zu haben. Wer keine Zeit hat, wird eben überall gebraucht. Er ist maßlos bedeutend und nicht zu ersetzen. "Anständige" Menschen haben eben keine Zeit.

 

Da findet sich in der Bibel ein geradezu "unanständiger" Satz. Paulus schreibt. "Wir, die wir nun Zeit haben, lasst uns Gutes tun..." (Galater 6,10). Es ist, als wolle er sagen: "Christen haben Zeit, denn Christen haben Ewigkeit." Wer von der Ewigkeit nichts weiß, für den liegt das Heil nun einmal allein in der Zeit. Er will jetzt so viel wie möglich aus seiner Zeit herausschlagen. Er überfordert damit sein Zeitmaß und kommt zur Maßlosigkeit. Maßlose Menschen wollen zu viel. Wer zu viel will, hat immer zu wenig Zeit.

 

"Ich habe keine Zeit!" Dieser Satz ist zum Glaubensbekenntnis des modernen Heidentums geworden, ein Bekenntnis erschreckender Armut! Verlust der Ewigkeit zieht den Verlust der Zeit unausweichlich nach sich. Es muss so sein. Weil mit Gott alles gewonnen wird, wird ohne Gott alles verloren, auch gerade Zeit. Es ist ein Zeichen von Gottlosigkeit, keine Zeit zu haben. Sage mir, wieviel Zeit Du hast, und ich sage Dir, wie Dein Verhältnis zu Gott ist. Vielleicht findet mancher diese Zeilen ärgerlich. Das soll er auch. Die Wahrheit ist oft so.

 

Vielleicht denken manche: "Ist der, der Zeit hat, nicht ein Müßiggänger? Müßiggang ist doch aller Laster Anfang!" Doch es ist ein Unterschied zwischen einem Müßiggänger und einem Menschen, der Muße hat. Müßiggänger leiden unter Langeweile. Sie möchten die Zeit darum "totschlagen". Für Menschen, die Muße haben, ist Langeweile dagegen ein Fremdwort. Zeit ist für sie kostbare, gefüllte Zeit. Muße zu haben, ist schön. Wer Muße hat, füllt solche Stunden mit schönen und guten Dingen. Wer mit Ernst Christ sein möchte, sollte sich Muße gönnen, weil Gott sie ihm gönnt. Es ist ein schönes Geheimnis: Wer Ewigkeit hat, der hat auch Zeit. Da gibt es ein Gebot, in dem der ganze Wille Gottes an uns Menschen deutlich wird: Das Doppelgebot der Liebe. Wie wollen wir das erfüllen, wenn wir keine Zeit haben? "Liebe Gott!" das heißt: "Habe Zeit für ihn!" Lieben kann man nur, wenn man Zeit hat. Wer keine Zeit hat, kann auch nicht lieben. Es ist ein Zeichen von Lieblosigkeit, für seine "Lieben" keine Zeit zu haben.

 

Vielleicht kommen wir langsam dahinter: Unsere Gottlosigkeit ist es, die unsere Ehen und Familien zerstört. Sie ist es auch, die unser Leben durch unsere Zeitknappheit und Liebesarmut immer mehr verdirbt. Darum denken wir einmal gründlich nach:

 

Wer Gott hat, der hat Ewigkeit; und wer Ewigkeit hat, der hat auch Zeit!

 

aus dem Traktat "Keine Zeit" vom evangelischen Missionsdienst "Die Wegbereiter"