Niemand stirbt aus Zufall!

Wir haben einen Gott, der da hilft, und den Herrn Herrn, der vom Tode errettet. Ps. 68,21

 

Kinder Gottes, die sich schon der Hoffnung der seligen Stunde herzlich freuen, in der sie aus dem Elend in die Herrlichkeit eingehen werden, beben dennoch zuweilen vor dem Tode und scheuen sich davor. Das rührt ganz natürlich nur daher, dass sie noch nicht lauter Geist, sondern auch Fleisch sind, und dass, wie Luther sagt, das „dumme Fleisch“ nichts Besseres weiß. Bist du fremd vor Gott, ist das Gewissen krank und hast du nicht die Gewissheit der Freundschaft Gottes, dann ist es nicht verwunderlich, dass du beim Anblick des Todes erbebst, dann hast du aber auch allen Grund, diese Gewissheit bald zu suchen. Wenn aber auch diejenigen, die in einem guten Verhältnis zu ihrem Gott stehen, zuweilen von einer merkwürdigen Angst vor dem Tode ergriffen werden, dann sollen sie doch wissen, dass dies nur herrührt von den „feurigen Pfeilen“ des argen Satans, mit denen der Feind, solange er kann, die armen Herzen der Gläubigen zu verwunden sucht. Es hilft da nichts anderes, als den anzurufen, der mit Macht die Teufel austrieb.

 

In den Zeiten der Todesfurcht sollten wir besonders zwei Dinge bedenken.

 

Erstens, dass uns nichts geschehen kann, was nicht der treue Vater uns zusandte. Wir sollten nie vergessen, dass unser Heiland, der Treue und der Wahrhaftige, gesagt hat: „Eure Haare auf dem Haupte sind alle gezählt. Kauft man nicht zwei Sperlinge um einen Pfennig? Und doch fällt deren keiner auf die Erde ohne euren Vater. Ihr seid besser als viele Sperlinge.“

 

Ja, Herr, Du achtest uns wohl mehr wert als einen Sperling.

 

Dank und Lob sei Dir!

 

Dann wird uns nichts geschehen ohne Deinen Befehl.

 

Niemand stirbt aus Zufall, sondern man stirbt gerade in dem Augenblick, in dem man sterben soll, nicht früher und nicht später. „Alle Tage waren in Dein Buch geschrieben, die noch werden sollten“, sagt David. Und Hiob sagt: „Du, Herr, hast uns ein Ziel gesetzt, das wird kein Mensch überschreiten.“

 

Der Tod ist nicht ein Werk einer Krankheit oder des Schwertes, sondern ein Werk des Willens Gottes.

 

Wie ungebührlich ist es darum, wenn wiedergeborene Christen sich vor dem Tode fürchten! Kein Unglücksfall, keine Menschenhand, keine Seuche kann ihnen schaden, solange die Stunde nicht geschlagen hat, die neben ihrem Namen in dem Buch im Himmel eingetragen steht.

 

Zweitens: Ob es dem Fleisch auch widerstrebt, so ist es doch gut, dass der Herr uns ruft, wenn Seine Stunde da ist. Obwohl eine Mutter ihr Kind gar oft zum Schlafen zwingen muss und darum seinen kleinen Arm festhält, bis es durch Weinen ermüdet einschläft, so tut es dem Kinde doch gut, dass es Schlaf erhält. So ist es auch für einen Christen ein unendliches Glück, wenn er im Glauben entschläft aus einer Welt voller Gefahren, Sorgen und Not, obwohl das Fleisch diesen Schlaf nicht liebt. Wir müssen Gott danken, dass unsere Abneigung gegen den Tod uns nicht verdammt, da wir ja immer auf Vergebung leben.

 

Unsere Begnadigung steht auf einem weit festeren Grund, als dass sie durch eine Sünde oder Schwachheit erschüttert werden könnte, solange wir in allen Dingen unsere Hoffnung unter den Flügeln Christi haben. Wenn der Herr uns ruft, dann geschieht das Große, woran wir so lange gedacht haben, der feierliche Eintritt in die Ruhe des Herrn, in eine Welt, deren Herrlichkeit kein Auge vorher gesehen und kein Ohr vorher gehört hat. Bedenke nur, was es bedeutet, wenn wir von allem Übel in dieser argen Welt der Sünden und der Sorgen erlöst werden und all das Gute in Empfang nehmen sollen, das ein allmächtiger Gott Seinen Freunden in einem Reich der Seligkeit bereiten kann, wenn Er ihnen Gutes tun will!

 

So sehen wir denn, dass der Tod, obwohl die Natur ihn nicht liebt, sondern sich windet und sich vor ihm scheut, doch gut und wohltuend ist, wenn man nur unter den Flügeln Christi entschläft. Darum sollen die Christen ihr Herz vor Gott stillen und versuchen, eine milde, versöhnte Haltung dem Tod gegenüber zu erhalten, auf dass sie nicht in die Schlinge des Teufels fallen und anfangen, sich eigenwillig vor dem weisen und guten Willen ihres zärtlichen Vaters mit ihnen zu scheuen. - Dennoch ist es ganz in der Ordnung, dass es einem Christen wunderlich zumute wird, wenn der letzte Gast ihn grüßt.

 

Aus einer Welt in eine andere zu gehen - o welch ein Schritt ist das! Aus dem Schlafgemach vor das Antlitz des Höchsten zu treten, in den Kreis der heiligen Engel - bedenke, welch eine Veränderung! Vor welch wundersamem Gefühl muss das Herz doch in einer solchen Stunde klopfen!

 

Was aber für ein begnadigtes Kind ungebührlich ist, das ist jene eigenwillige Abscheu und jenes Bangen des Unglaubens, wodurch man den Einbruch des Todes als einen feindlichen Eingriff betrachtet, während er doch kommt, um uns von allem Übel zu befreien und uns eine gute Ruhe zu bereiten. Sollte man es wohl für einen feindlichen Eingriff halten, wenn eine Mutter ihr zartes Kind in die Wiege legt? Oder wenn ich von Feinden eingesperrt wäre und ein König käme mit seiner Kriegsmacht, mich zu befreien, dann erhöbe sich gewiss ein Streit und Lärm, sollte ich dann aber beben wie vor einem feindlichen Angriff? Sollte ich nicht bedenken, dass es mir zum Besten wäre?

 

Soll ich ängstlich werden, wenn ein feierlicher Zug von Engeln naht, um mich meinen Feinden zu entreißen und die Krone des Lebens auf mein Haupt zu setzen? Alles dies geschieht ja jedem Kinde Gottes in seinem Tode ebenso gewiss, wie unser Heiland bei Seinem zärtlichen Abschied sprach: „Ich werde wiederkommen und euch zu Mir nehmen, auf dass ihr seid, wo Ich bin.“

 

O Herr Jesu, lass mich nicht,

Lass mich nicht von Deiner Seite;

Du bist meine Zuversicht,

Deine Hand mich führ’ und leite,

Bis Du mich aus aller Not

Heim wirst hol’n zu Dir, mein Gott!

 

Aus dem ‘‘Täglichen Seelenbrot‘‘ von Olaf Rosenius

(herausgegeben von LUTH. MISSIONSVEREIN SCHLESWIG-HOLSTEIN E.V. http://www.rosenius.de)