Der alte Mann und die Lust am Herrn
Rolf Müller
Die Bekehrung ist der Anfang des christlichen Lebens. Viele hoffen, dass nach ihrer Bekehrung alles anders ist. Die sündhaften Charaktereigenschaften sind weg. Man hat nur noch Freude und selige Gefühle. Weil das nicht so ist, kommt Unruhe auf. Bin ich wirklich wiedergeboren?
Der alte Mann weiß, dass die Erneuerung, die Heiligung ein Prozess ist. Gott arbeitet an uns. Unsere Sache ist es, an dieser Veränderung mitzuarbeiten. Wir lassen uns durch Gottes Geist bestimmen. Der bringt die Eigenschaften hervor, die wir an Jesus sehen. Wir spiegeln Gottes Wesen wider, das ist die Frucht des Geistes.
Der alte Mann weist darauf hin, dass das Heil uns ohne jedes menschliche Bemühen geschenkt wird. Es geschieht ausschließlich aus Gnade (Röm. 9,16). Aber ein Leben, das Gott entspricht, wird nicht dadurch erreicht, dass wir ein schnelles Gebet sprechen und dann ist es da. Jesus Christus möchte das neue Leben in uns entfalten. Das Christsein ist keine lästige Pflichtübung. Es geht um eine lebendige Gemeinschaft mit dem Herrn.
„Habe deine Lust am Herrn, er wird dir geben, was dein Herz wünscht“ (Psalm 37,4).
Wie kommen wir zu einer solchen lebendigen Beziehung? Wir brauchen eine Begegnung in der Stille. Damit wir aber keiner Selbsttäuschung unterliegen, brauchen wir Korrektur und Leitung durch Gottes Wort. Die Bibel ermahnt uns, die Eigenschaften Jesu anzuziehen. Wenn wir uns aufs Gute konzentrieren, fällt das andere von uns ab.
Der alte Mann macht aufmerksam, dass Psalm 37,4 kein Hinweis darauf ist, dass Gott alle unsere selbstsüchtigen Wünsche erfüllen will. Wenn wir unsere Lust am Herrn haben, ändert er auch unsere bisherigen Begehrlichkeiten. Wenn wir unsere Lust am Herrn haben, werden wir tun, was er will. Und das wird übereinstimmen mit dem, was wir tun wollen.
Gott bietet uns unendliche Freude und seinen Frieden an. „Ich bin gekommen, dass sie das Leben und volles Genüge haben sollen“ (Joh. 10,10). Glauben wir seiner Zusage?
Wir reden uns ein, dass wir tausend verschiedene Dinge brauchen. In Wirklichkeit sehnt sich unser Herz nach Gott. Seine Gegenwart, die Lust am Herrn, schenkt uns Frieden und Erfüllung.
Der alte Mann weiß: Das Geheimnis eines geheiligten Lebens ist die Abhängigkeit von Gott. Martin Luther sagte am Ende seines Lebens: „Wir sind Bettler, das ist wahr!“ Wir haben ein Problem. Wir wollen keine Bettler sein. Wir haben unseren Stolz. Dieser Stolz verhindert, dass wir im Glauben wachsen. Wir vertrauen auf uns selbst statt auf Gott. Glauben und Hingabe kommen aus dem Wissen, dass Gott gute Absichten mit uns hat. Er schenkt uns seinen Frieden, der höher ist als alle Vernunft.
Gott verherrlichen kann man in Freude und Schmerz, in Armut und Überfluss, in Gesundheit und Krankheit. Hingabe an den Herrn ist der Schlüssel zum Segen. Sich vertrauensvoll seiner Führung zu überlassen ist der Weg zur Gelassenheit.
Der alte Mann versteht nicht, dass Christen auf die Reichen und Mächtigen dieser Welt neidisch sein können. Die Gottlosen haben keine Hoffnung. Sie verdorren wie Gras.
Gott gehorsam sein, schenkt Freiheit. Wir werden nicht mehr von den Meinungen der anderen bestimmt. Wir werden frei von der Macht der Sünde. Es klingt paradox. Aber dieser Gehorsam, der uns zunächst als eine Einschränkung erscheint, erweitert und bereichert in Wirklichkeit unser Leben. Nur wer die Kontrolle über sein Leben an Gott abgibt, erfährt die Freiheit der Kinder Gottes.
„Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?“ (Psalm 27,1).
Das ist der Ausdruck eines Herzens, das zur Ruhe gefunden hat, weil es den Herrn zum Mittelpunkt gemacht hat. Jetzt kann es in Übereinstimmung mit Gott leben. Unvergebene Sünde ist eine Last. Unversöhnte Beziehungen sind Ketten. Wer hoch fliegen will, muss frei sein.
„Alle die Schönheit Himmels und der Erden
ist gefasst in dir allein.
Nichts soll mir werden lieber auf Erden
als du, der liebste Jesus mein.“
(Münster 1677).