Der alte Mann und der Bischof
Rolf Müller
Das Wort Gottes bezeugt, dass Jesus Christus auferstanden ist. An dieser Tatsache hängt das Christentum. Der Apostel Paulus erläutert dieses Thema im 1. Korintherbrief im 15. Kapitel. Er kommt zu dem Schluss: Wenn Christus nicht auferstanden ist, sind wir die Elendesten unter allen Kreaturen. Dann haben wir als Christen keine Hoffnung.
Der alte Mann war naiv. Er dachte, in einer so wichtigen Frage wie der Auferstehung Jesu seien sich Christen und Kirchen einig. Deshalb war er sehr erschrocken, als er auf die Osterbotschaft eines Landes-bischofs der EKD stieß. Da hieß es:
„Jesu Jünger und Begleiterinnen kommen nach dem Karfreitag vorsichtig aus ihren Verstecken und Löchern. Sie begreifen: Jesus, der Gottesmann und Meister ist tot. Sein Leib wird vergehen wie ein jeder Menschenleib. Aber das, was in ihm göttlich war, seine Sache, seine Leidenschaft für das wahre Leben, das ist mitnichten tot. Es lebt – wenn sie, die Nachfolger und Nachfolgerinnen, es wollen.“
Nun hat ein Bischofswort ein besonderes Gewicht. Es wird in der Regel mehr beachtet als das Wort eines Pfarrers. Der alte Mann hat sich genauer angesehen, was der Bischof damit sagen will. Er hat natürlich gewusst, dass viele Theologen und Kirchenleiter die Bibel als bloßes Menschenwort verachten. Aber dass ein Landesbischof in seiner „Osterbotschaft“ so weit geht, offen die Auferstehung Jesu zu leugnen, ist eine Dimension antichristlichen Denkens, die betroffen macht.
Der alte Mann ist sich im Klaren, dass er mit dieser Einschätzung Widerspruch ernten wird. Man wird ihm vorwerfen, er gehe zu weit. Schließlich sei die Auferstehung eine Glaubenstatsache, aber keine Tatsache. Und ein Bischof habe eine größere Erkenntnis und ein umfangreicheres Wissen als ein „gewöhnlicher“ Christ. Das mag ja sein; aber ist es die Aufgabe eines Bischofs, den Glauben seiner Schäfchen zu zerstören? Ist er klüger als Gott und sein Wort?
Um die ganze Tragweite dieser Worte des Bischofs deutlich zu machen, will sie der alte Mann im Einzelnen anschauen. „Jesus ist tot, sein Leib wird verwesen wie jeder Menschenleib.“ Jesus ist ein Meister, ein Gottesmann, nicht Gottes Sohn und nicht Gott.
Ist das der Jesus der Bibel? Ist das der König aller Könige und Herr aller Herren? Ist das der Erste und der Letzte und der Lebendige? Wo steht in der Bibel, dass Jesus Christus im Grab verwest ist?
„Seine Sache, seine Leidenschaft für das wahre Leben ist mitnichten tot. Es lebt – wenn die Nachfolgerinnen und Nachfolger es wollen.“
Wie kommt ein Landesbischof der EKD zu solchen Aussagen? Christus ist tot, aber seine Sache geht weiter. Es lebt, nicht Er lebt. So wie die Sache von Goethe oder Marx weiterlebt, aber nur, wenn die Nachfolger es wollen.
Der alte Mann würde nie versuchen, seinen Glauben an einem solchen erbärmlichen Bischofswort festzumachen. Er muss es auch nicht. Er weiß, dass Jesus lebt. Er vertraut auf ihn und sein Wort. Damit befindet er sich auf Felsengrund. Das ist Trost im Leben und im Sterben. Darauf kann er sich verlassen.
Man mag dem alten Mann vorhalten, dass nicht alle Bischöfe die Auferstehung Jesu so offen in Zweifel ziehen. Der alte Mann kann das nicht beurteilen. Ihm ist nicht bekannt, ob dem besagten Landesbischof andere Bischöfe widersprochen haben. Selbst, wenn es so wäre, bliebe immer noch die Frage: Was ist von einer Kirche zu halten, in der einander sich ausschließende Verlautbarungen nebeneinander stehen können? In der man die Homo-Ehe ablehnt, aber auch segnet? In der man der Evolutionstheorie anhängt, aber gleichzeitig die Schöpfung für möglich hält? In der man Evangelium verkündigt, aber mehrheitlich mit einer Religion des Klimaschutzes die Erde retten will? In der man ein großes Reformationsjubiläum feiert, obwohl man die Erkenntnisse der Reformation längst über Bord geworfen hat?
Eine solche Kirche braucht keine Feinde, sie zerstört sich selbst. Sie feiert Gottesdienste, aber sie dient nicht Gott. Sie hat viele akademisch gebildete Bischöfe und Kirchenführer in ihren Reihen, aber sie verachtet Gottes Wort. Sie will gesellschaftlich relevant sein, aber vernachlässigt ihren Auftrag. Sie verzettelt sich in einem uferlosen Pluralismus. Eine solche Kirche, die alles Mögliche aus der Bibel „herausliest“, aber missachtet, was drinsteht, braucht niemand.