Der alte Mann und Zachäus
(Lukas 19, 1-10)

 

Rolf Müller

 

Wie gewinne ich Reichtum, Einfluss und Macht? Da gibt es Schulungen, in denen man sich beraten lassen kann. Auch Zachäus könnte uns Tipps geben, denn er ist reich. Er hätte ein Existenzgründerseminar halten können.

 

Wie gewinne ich Freude? Das ist nicht so einfach zu beantworten. Jericho erlebt die große Stunde: Jesus kommt! Diese Nachricht erreicht auch die Zollstation des Zachäus. Der mischt sich unter das Volk. Was treibt ihn dazu? Er möchte Jesus sehen.

 

Zachäus ist reich, aber nicht glücklich. Ihm fehlt die Freude. Er betrachtet sein Leben nüchtern. Er will wissen, was hinter der Begeisterung für Jesus steckt. Dafür nimmt er den Spott der Leute in Kauf. Um einen guten Überblick zu bekommen, klettert er sogar auf einen Baum. Da konnte er alles sehen, ohne selbst gesehen zu werden. Es war ein Beobachterposten.

 

Ähneln wir nicht auch dem Zachäus? Wir schauen und kritisieren, bleiben aber im Hintergrund. Wir wollen nicht gesehen werden, nicht öffentlich Stellung nehmen. Aber dadurch können wir den Mangel unseres Lebens nicht ausfüllen. Zachäus war trotz seines Reichtums todunglücklich. Deshalb hat er sich heimlich in die Nähe Jesu gewagt.

 

Wer immer das Weite sucht, wenn Jesus naht, wird ihn nicht kennenlernen. Auch Zachäus will nicht wirklich Jesus in die Quere kommen. Er verbirgt sich auf seinem Baum. Aber Jesus übersieht keinen. Er findet uns auf den "Hochsitzen" unseres Lebens, im Gestrüpp unseres Verstecks. 

 

"Steig eilend herunter von deinem Baum, vom hohen Ross, ich muss bei dir einkehren, mit dir reden!" Der Herr Jesus will auch bei uns einkehren. Er sagt sogar: "Ich muss!" Er sagt nicht: "Du musst!" Die ganze Aktivität liegt bei Jesus. Zachäus hätte keine Chance gehabt, mit Jesus zu reden. Er hätte von sich aus Jesus wohl kaum angesprochen. Es wäre alles im Sande verlaufen. Die Initiative geht von Jesus aus. "Ich muss in deinem Hause einkehren!"

 

Es wird nicht berichtet, was die beiden im Haus gesprochen haben. Aber Zachäus wird darüber froh. Wie gewinne ich Freude? Wenn ich mit Jesus über mein Leben spreche. Zachäus nahm Jesus auf mit Freuden. Durch die Begegnung mit Jesus ändert sich sein Leben. Zachäus gibt die Hälfte seines Besitzes den Armen. Aus dem Raffer wird ein Geber. Er hat eine Umkehr vollzogen, er hat sich gewandelt. Sein Reichtum ist ihm nicht mehr das Wichtigste.

 

"Heute ist diesem Haus Heil widerfahren!" Seine Vergangenheit ist bereinigt. Er lebt fortan im Segen Gottes. Er hat die Freude seines Lebens gefunden. Er lebt ohne Angst in einer frohmachenden Gegenwart. Wir können vieles haben und besitzen, wenn uns Jesus fehlt, fehlt uns die wirkliche Freude.

 

Hätt´st  du dich nicht zuerst an mich gehangen, 

ich wär von selbst dich wohl nicht suchen gangen;

Du suchtest mich und nahmst mich voll Erbarmen

in deine Arme.

(Christian Gregor)