Humanismus

 

Rolf Müller

 

Die Menschen heute denken meistens egozentrisch, von sich selbst her. Das Ich ist der Ausgangspunkt. Wir denken von unseren Möglichkeiten und Unmöglichkeiten her. Wir prüfen, was w i r können, was w i r wollen, was u n s gut tut, was u n s etwas bringt. Alles dreht sich um u n s.

 

Wir sind vom Humanismus geprägt. Der Mensch steht im Mittelpunkt. Der Mensch ist das Maß aller Dinge. Alles bezieht sich auf den Menschen, alles geht vom Menschen aus. Der Humanismus ist die Religion unserer Gesellschaft geworden. Wir werden vom Zeitgeist beeinflusst. Wir denken egozentrisch.

 

Humanismus ist die größte Tugend unserer Epoche, das erstrebenswerte Ziel, der angebliche beste Weg zu Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit und zur Überwindung von Armut, Unterdrückung und Unmenschlichkeit. Keine Religionen, keine Ideologien und keine politischen Strömungen können den Humanismus ersetzen.

 

Auch christliche Gemeinden werden davon angesteckt. Wir überlegen, wie wir die Zusammenkünfte so gestalten können, damit sie den Besuchern gefallen. Dagegen ist ja nichts einzuwenden, wenn unsere Versammlungen in ansprechender Weise ablaufen. Natürlich nicht! Aber sollen unsere Versammlungen nicht in erster Linie Gott gefallen? Denn wenn wir alles aus dem Evangelium entfernen, was die Menschen stören könnte,  dann wird  es bedenklich. Dann verraten wir das Evangelium. Dann beseitigen wir das Ärgernis des Kreuzes.

 

Wir können die Hürden, die Gott selber aufgerichtet hat, nicht in einer humanistischen Menschenfreundlichkeit niedriger machen. Wir dürfen nicht aus Sorge, die Leute könnten überfordert werden, die Predigt im Gottesdienst reduzieren und dafür eine breite Palette an Unterhaltung anbieten. Das ist egozentrisches Denken. Gemeinde Jesu denkt von Christus her und zu Christus hin, christuszentriert. An Christus orientiert sich das Leben in der Gemeinde. Es sind nicht unsere Wünsche und Bedürfnisse, sondern das Evangelium von Jesus Christus ist Inhalt und Zweck einer christlichen Zusammenkunft.

 

Das Problem der Menschen ist nicht, dass sie sich über Gottesdienste ärgern und deshalb fernbleiben. Das größte Problem ist, dass sie in der Gottesferne leben. Sie leben gottlos, aber sie werden ihn nicht wirklich los. Sie brauchen ihn und wissen nicht, dass sie ihn brauchen. Deshalb muss es ihnen gesagt  werden. Nicht der Humanismus bringt die Rettung der Welt, sondern die Umkehr zu Gott, der alles in seinen guten Händen hält.