Du sollst nicht stehlen!
2.Mo.20,15: Du sollst nicht stehlen!
Eph.4,28: Wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr, sondern arbeite und schaffe mit eigenen Händen das nötige Gut, damit er dem Bedürftigen abgeben kann!
Das ist ja mal schön konkret. Aber wo fängt Diebstahl an?
Wo liegen die Grenzen von Eigentum? Beim Grundbesitz in Israel galt der Grundsatz: Der Eigentümer ist Gott; das Volk Israel besitzt es nur. Kann Ähnliches auch für uns gelten, in dem übertragenen Sinn, den Manfred Siebald formuliert: „Was wir so fest in Händen halten, das ist uns alles nur von Gott gelieh’n. Wir dürfen es verwalten, wir dürfen es gestalten und geben es zurück an ihn“?
Die kommunistische Parole “Eigentum ist Diebstahl“ widerstrebt Gottes Absichten. Nichtsdestoweniger gilt, gerade auch im Hinblick auf die christlichen Wurzeln des Grundgesetzes: Eigentum verpflichtet. Eine christliche Ordnung liegt also naturgemäß zwischen einem kleptokratischen Staat und einer libertären Wirtschaft. Aber wo?
Paulus formuliert hier die Verantwortung für den eigenen Unterhalt. Darüber hinaus gehört zu dieser Verantwortung der Blick auf die Bedürfnisse des Nächsten. Beides würde er aber vermutlich deutlich anders bewerten, als es eine ethisch sehr weit nach links gerückte, gleichzeitig aber sehr narzistisch gewordene Gesellschaft tut.
Den Thessalonichern gegenüber wird Paulus noch härter: „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen“. Wenn das eine sozialpolitische Forderung der CDU wäre, würde die Partei wohl verboten. Es scheint mir auch so, daß mittlerweile Eigenverantwortung selbst unter Christen immer schwerer vermittelbar ist. Um Menschen in die Freiheit zu führen, könnte Nächstenliebe vielleicht besser als Hilfe zur Selbsthilfe verstanden werden.
Dann ist da aber immer noch die Sache mit dem Herzen, v.a. mit dem Herzen Gottes, aus dem wir selber leben. Unser Leben wird davon getragen und erhalten, daß Gott uns „barm-herzigt“. Was bedeutet es dann, daß wir etwas von Gottes Wesen widerspiegeln sollen? Wenn für uns Christen Eigenverantwortung bedeutet, daß wir „unser Brot nicht vom Wohlwollen des Bäckers erwarten“ (Adam Smith), dann bedeutet es doch umgekehrt auch, nicht alles dem Staat zu überlassen. Wozu müsste uns Gottes Herz anleiten? Und wo muss Gott uns vor unserem eigenen Gutmenschentum bewahren?
Wie definieren wir Bedürftigkeit? Was können Menschen selber gegen ihre Bedürftigkeit tun? Auf welche Weise zementiert ein überbordender Sozialstaat Bedürftigkeit?
Was ist der Anspruch der Liebe Christi an uns? Erst im 19. Jh. hat die Kirche erkannt, daß es sinnvoll ist, Strukturen der Liebe Christi zu schaffen. Dies geschah durch die Gründung diakonischer Werke, aber eben auch durch die Gründung von Unternehmen in Gegenden, in denen es keine Arbeit gab.
Ein chinesisches Sprichwort sagt: „Gib jemandem einen Fisch, und du ernährst ihn für einen Tag. Lehre ihn zu fischen, und du ernährst ihn ein Leben lang“
Ich bleibe aphoristisch, weil ich keine Antworten habe.
Gedanken und Auslegung von Bruder Jens Döhling 11.5.2025
17_Doehling_Du
sollst nicht stehlen (10.5.2025)