Der alte Mann und der Unglaube Israels
(Joh. 12, 37-50)

 

Rolf Müller

 

Jesus ging weg und verbarg sich vor ihnen. Er zog sich in die Stille zurück. Israel verstockte sich und verwarf den Herrn endgültig. Es ist traurig, aber erst wollten sie nicht glauben und dann konnten sie nicht glauben.

 

Für den alten Mann ist der Unglaube Israels unglaublich. Israel war von Gott erwählt. Aus Israel kam der Heiland der Welt. Israel war wie geschaffen für die Annahme des Heils in Christus. Das Gegenteil trat ein. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Sie sagten sich von ihm los. Sie verwarfen ihn im Unglauben. Was ihnen zum Segen gegeben war, wurde ihnen zum Fluch. Das Volk Israel wurde in alle Lande zerstreut. Es war ohne Heimat, ohne Hirten und ohne Heiligtum.

 

Der alte Mann überlegt, dass es Gottes Sohn war, der nach Israel kam. Er wohnte unter ihnen. Er gab ein machtvolles Zeugnis in Wort und Tat. Er predigte gewaltig und nicht wie die Schriftgelehrten. Er tat Zeichen und Wunder wie kein anderer vor ihm. Seine Zeichen offenbarten seine Herrlichkeit. Viele glaubten an ihn wegen der Wundertaten. Aber Jesus vertraute sich ihnen nicht an. Es war kein Herzensglaube. „Und ob er gleich solche Zeichen vor ihnen tat, glaubten sie doch nicht an ihn.“ Es ist das „Dennoch“ des Unglaubens. Es ist ein vorsätzliches nicht glauben wollen.

 

Der alte Mann weiß, dass Israels Unglaube von den Propheten geweissagt wurde. „Aber wer glaubt unserer Predigt und wem ist der Arm des Herrn geoffenbart?“ (Jes. 53,28). Wer schenkt denn der göttlichen Heilsbotschaft Glauben? Der Unglaube Israels ist eine Bestätigung des Wortes Gottes. „Er hat ihre Augen verblendet und ihr Herz verstockt, dass sie mit den Augen nicht sehen noch mit dem Herzen vernehmen.“ Das Herz des Volkes ist hart. Die Ohren sind schwerhörig. Ihre Augen sind verklebt. Sie sollen nach Gottes Willen nicht  zu einer Bekehrung und Umkehr kommen. Verstockung ist schrecklich! Möge der Herr uns davor bewahren.

 

Der alte Mann kann es nur schwer verstehen. Das herrliche Evangelium wird für manche zu einem Geruch des Todes.

 

„Ist unser Evangelium verdeckt, so ist es denen verdeckt, die verloren werden, bei welchen der Gott dieser Welt der Ungläubigen Sinn verblendet hat, dass sie nicht sehen das helle Licht des Evangeliums von der Klarheit Christi, welcher ist das Ebenbild Gottes." (2. Kor. 4, 3-4). Das Volk als Volk blieb ungläubig. Aber es gab trotzdem in Israel einzelne wahrhaft Gläubige.  

 

Dem alten Mann ist klar, welche folgenschwere Bedeutung der Unglaube hat. Glaube ist der einzige Weg, aus der Finsternis herauszukommen. Wer das rettende Licht verschmäht, lädt eine furchtbare Verantwortung auf sich. Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen. Wer im Unglauben verharrt, spricht sich selber sein eigenes Verdammungsurteil. Wer Jesus verwirft, verachtet das ewige Leben.

 

Eins ist not, ach Herr, dies Eine,

lehre mich erkennen doch;

alles andre, wie´s auch scheine,

ist ja nur ein schweres Joch,

darunter das Herze sich naget und plaget 

und dennoch kein wahres Vergnügen erjaget.

Erlang ich dies Eine, das alles ersetzt,

so werd ich mit einem in allem ergötzt.

    

Nichts kann ich vor Gott ja bringen

als nur dich, mein höchstes Gut;

Jesus, es muss mir gelingen

durch dein heilges, teures Blut.

Die höchste Gerechtigkeit ist mir erworben,

da du bist am Stamme des Kreuzes gestorben;

die Kleider des Heils ich da habe erlangt,

darinnen mein Glaube in Ewigkeit prangt.

 

Drum auch, Jesus, du alleine,

sollst mein Ein und Alles sein.

Prüf, erfahre wie ich´s meine,

tilge allen Heuchelschein.

Sieh, ob ich auf bösem, betrüblichen Stege,

und führe mich, Höchster, auf ewigem Wege;

gib, dass ich nichts achte, nicht Leben noch Tod,

und Jesus gewinne: dies Eine ist not.

 

(Johann Heinrich Schröder)