Unkraut im Weizen (Matthäus 13, 24- 30)

 

Rolf Müller

 

Zu diesem Text sagte ein Prediger:

Wir müssen uns nicht darum kümmern, ob die biblische Lehre verkündigt wird. Es geht uns nichts an, wenn Irrlehren in die Gemeinde eindringen und Schaden anrichten. Wir können nicht verhindern, dass der Feind Unkraut unter den Weizen sät. Es ist nicht unsere Aufgabe, wachsam zu sein. Der Herr wird für uns streiten, wir werden still sein.

 

Lasst das Unkraut wachsen bis zur Ernte, damit ihr den Weizen nicht mit ausreißt! Wer auf Unkraut in der Gemeinde hinweist, richtet nur Schaden an. Lasst uns stattdessen lieber Gemeindearbeit treiben!

 

Hat der Prediger Recht? Gehört das Prüfen der Geister, ob sie von Gott sind, nicht zur Gemeindearbeit? Ist es falsch, Unkraut und Weizen zu unterscheiden?

 

Man meint heute, es sei normal, wenn Christen sich nicht von Ungläubigen unterscheiden. Aber das ist nicht normal. Satan brüllt nicht nur wie ein Löwe, er verstellt sich auch in  einen Engel des Lichts. Es ist nicht einfach, Unkraut und Weizen zu unterscheiden.

 

Die Gemeinde Jesu muss auf Wölfe in Schafkleidern achten. Und sie muss Schafe zurechtweisen, die sich wie Wölfe verhalten. In unserem Gleichnis sät der Feind Unkraut zwischen den Weizen. Er tut es unbemerkt und heimlich, als alles schläft. Das Unkraut ist zunächst schwer zu erkennen. Es ähnelt dem Weizen. Man hält es für Weizen. Der Landbesitzer im Gleichnis entscheidet sich, nicht die ganze Ernte aufs Spiel zu setzen bei dem Versuch, das Unkraut zu entfernen.

 

Die Schnitter sollen warten bis zur Ernte. Da ist es leichter, die guten Pflanzen vom Unkraut zu trennen. Was bedeutet das? Die Jünger Jesu fragen ihren Meister. "Herr, deute uns das Gleichnis vom Unkraut des Ackers."  Und der Herr Jesus erklärt es seinen Jüngern.

 

Der Sämann ist der Sohn des Menschen. Der Acker ist die Welt. Die Welt gehört dem Sohn des Menschen, er hat die Besitzrechte. Er ist der Herr über die Ernte. Der gute Same sind die Söhne des Reiches, die Gläubigen, die sich dem König unterordnen. Sie sind überall in der Welt.

 

Das Unkraut sind die Söhne des Bösen, die Ungläubigen, der Feind, der sie sät, ist der Teufel. Kinder Gottes und Ungläubige leben in derselben Welt. Im Endgericht wird Gott den Weizen vom Unkraut trennen.

 

Obwohl deutlich gesagt wird, dass der Acker die Welt ist, sehen manche im Acker die Gemeinde, die christliche Kirche. Das ist der Grund für Missverständnisse. Man duldet das Unkraut in der Gemeinde. Man tut nichts dagegen. Man überlässt das Jäten dem Herrn. Das widerspricht allem, was die Bibel über Gemeindezucht lehrt.

 

Es geht in diesem Gleichnis darum, dass Satan sein Unkraut so nah wie möglich an den Weizen sät.  Da fällt sicher auch manches in die Gemeinde. Das Gleichnis lehrt nicht, dass man Ungläubige in der Gemeinde dulden soll. In der Gemeinde dürfen keine Heuchler das Sagen haben. Es gibt keinen Freifahrtschein für die Welt in der Gemeinde.

 

Christen bewegen sich in der gleichen Sphäre wie die Ungläubigen. Sie atmen die gleiche Luft, leben mit ihnen in Nachbarschaft, arbeiten im gleichen Betrieb und kaufen in den gleichen Geschäften ein. Aber wir haben mit ihnen keine geistliche Gemeinschaft, wir sind nicht mit ihnen zusammengejocht.

Der Acker ist die Welt. Wir dürfen nicht die Sichel nehmen und die Kinder des Teufels ausrotten. Wir haben nicht die Aufgabe, die Welt unkrautfrei zu machen. Das kann nur Gott.

 

Christen sind in der Welt, aber nicht von der Welt. Wir sind nicht zufällig hier. Wir sollen als Botschafter Christi seine Gnade und Barmherzigkeit kundtun.

 

An dieser Stelle hört die Bildersprache des Gleichnisses auf. Unkraut kann sich nicht einfach in Weizen verwandeln. Aber bei Gott ist es möglich, dass sich ein Sohn des Bösen in ein Kind Gottes verwandeln kann. Ungläubige können errettet werden. Sie können eine neue Natur bekommen. Eine göttliche Neugeburt wandelt Unkraut in Weizen.

 

Es geht in dem Gleichnis nicht um eine falsch verstandene Toleranz in der Gemeinde. Gott will nicht, dass wir die Dinge unklar sehen und deshalb keine Stellung beziehen. Das Unkraut muss als solches erkannt werden. Wir dürfen Giftsaat in der Gemeinde nicht als normal betrachten. 

 

Das Erkennungszeichen ist die Frucht. Das Unkraut mag wie Weizen aussehen, aber es kann kein Weizenkorn hervorbringen. Es ist nicht unser Auftrag, die Welt vom Unkraut zu befreien, das können wir gar nicht. Das Endgericht über die Welt gehört dem Herrn und seinen Engeln.