C. O. Rosenius - Tägliches Seelenbrot

Du sollst deine Lust am Herrn haben!

 

So sollt ihr es essen: Um eure Lenden sollt ihr gegürtet sein und eure Schuhe an euren Füßen haben und Stäbe in euren Händen, und ihr sollt es essen, als die hinwegeilen; denn es ist des Herrn Passah.  2. Mose 12, 11

 

Die geistliche Bedeutung dieser Vorschrift in Bezug auf das Essen des Passahlammes zur Zeit des Alten Bundes ist diese: Ein jeder, der zu Christus kommt und Ihn aufnimmt, soll sogleich von seinem vorigen knechtischen Leben und der Sünde, der Welt und der Eitelkeit aufbrechen, sogleich vom alten Wesen Abschied nehmen und einen ganz neuen Weg betreten. Er soll hernach nie mehr zurückblicken, sondern wie ein gejagter Flüchtling soweit und so schnell wie möglich vom Dienst der Sünde und des Teufels hinwegeilen. Er soll sich nie mehr an das Irdische ketten, nie versuchen, sich hier ein Paradies zu bereiten, sondern immer auf reisendem Fuß sein, als der sein Vaterland sucht. Der Apostel sagt: „Seid ihr nun mit Christus auferstanden, so sucht, was droben ist, da Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Trachtet nach dem, was droben ist, nicht nach dem, was auf Erden ist; denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott.“

 

Das rechte Leben eines Christen ist, dem vorigen Wesen gestorben und mit Christus zu einem neuen Leben auferstanden zu sein und seinen Schatz und sein Vaterland dort zu haben, wo Er ist, im Himmel — kurz, immer in den Fußstapfen des Glaubens Abrahams zu wandeln, von dem es heißt: „Durch den Glauben ist er ein Fremdling gewesen in dem verheißenen Lande als in einem fremden und wohnte in Hütten mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung. Denn er wartete auf eine Stadt, die einen Grund hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist.“ „Sie haben die Verheißung von ferne gesehen und sich ihrer getröstet und wohl genügen lassen und bekannt, dass sie Gäste und Fremdlinge auf Erden sind, die eines besseren Vaterlandes begehren, nämlich eines himmlischen.“

 

So soll unser ganzes Leben sein: Wir sollen das Lamm in Reisekleidern essen, Fremdlinge und Pilger sein, die beständig nach ihrem Vaterlande eilen. Ein rechter Pilger darf darum, wenn er etwas Glänzendes am Wege, eine Goldgrube oder ein schönes Eigentum antrifft, sich dort nicht niederlassen, bauen und wohnen, sondern er muss seine Wanderung rastlos fortsetzen, bis er das Heilige Land und die Stadt Gottes erreicht hat. Er darf in der Herberge nur Nachtquartier und eine notwendige Erquickung nehmen, nicht aber daselbst bleiben. Darum noch einmal: Bedenke und vergiss nie, dass das Lamm in Reisekleidern gegessen werden soll!

 

Aber nicht genug damit. Gleichwie die Kinder Israels in derselben Nacht, in der sie das Passahlamm gegessen hatten, schleunigst aus dem Lande der Knechtschaft eilten, binnen weniger Tage aber die Heere des alten Unterdrückers auf den Fersen hatten, so dass sie nichts anderes mehr sahen, als dass sie wieder von denselben Ägyptern vernichtet würden, so soll auch ein jeder, der die große Gnade hat, aus der Welt zu einem Nachfolger Jesu erwählt zu sein, nie vergessen, dass er sofort von der Stunde an von all den alten Feinden verfolgt und gejagt werden wird.

 

Darum vergiss nie, dass du durch ein feindliches Land ziehst und deine kostbaren Perlen in Tongefäßen trägst, von Tausenden umgeben, die nur darauf warten, dir deinen Schmuck zu rauben. Hier der alte Seelenfeind, der uns den Tod geschworen hat und mit Macht, mit List oder unendlicher Hartnäckigkeit es hinauszuführen gedenkt — dort die Welt, die bald mit Drohungen, bald mit bezaubernden Verlockungen dich auf ihre alten Wege zurückzubringen sucht — vor allen Dingen aber dein eigenes falsches Herz, das Fleisch, das stets gegen den Geist streitet und nie nach dem Reiche Gottes fragt.

 

Solltest du in solcher Lage dich zur Ruhe begeben und schlafen können? Hier ist es notwendig, stets in voller Rüstung zu sein, um die Lenden gegürtet mit dem Gurte der Wahrheit, mit Stäben in den Händen und Schuhen an den Füßen, „als die hinwegeilen“. Es ist eine gefährliche Neigung im Herzen des Menschen, etwas Irdisches zu seiner Freude und seinem Wohlsein haben zu wollen. Auch die Herzen der Gläubigen, die ihre Freude in Gott gesucht haben, werden immer wieder auf etwas anderes abgelenkt. Das ist gerade das Gefährliche.

 

Wenn ein Christ anfängt, sehr um seine irdischen Dinge, seinen Handel, seine Ländereien, sein Gehöft zu eifern, dann ist Gefahr vorhanden, so davon eingenommen zu werden, dass er vom Abendmahl abgehalten wird. Dabei sind diese irdischen Dinge an und für sich ganz unschuldig; allein — das Herz! Wie steht es mit deinem Herzen? Nur darauf kommt es an.

Sei aufrichtig! - Wo ist dein Herz?

Da ist dein Schatz und davon redet der Mund.

 

Der Liebeseifer deines Bräutigams um dein Herz gestattet nicht, dass du es einem anderen als Ihm auftust.

 

Du sollst deine Lust am Herrn haben!

 

Ach, es ist bitter für die Natur, nie an eine irdische Freude und Glückseligkeit denken zu sollen, sondern immer getötet zu werden, Abschied zu nehmen, hinwegzueilen!

Aber was gilt’s, so ist der Weg.

Und dem Geiste ist es lieblich.

 

Darum lass dich nie zu dem Versuch betrügen, hier auf Erden ein Paradies zu erhalten!

 

Du sollst beständig in Reisekleidern sein, wenn du dem Volke des Gekreuzigten angehören und mit Ihm in das himmlische Vaterland eingehen willst.

 

Aus ‘‘Tägliches Seelenbrot‘‘ Andacht zum 06. Februar von Carl Olaf Rosenius    

 

(herausgegeben von LUTH. MISSIONSVEREIN SCHLESWIG-HOLSTEIN E.V. http://www.rosenius.de)