Der alte Mann und das Gebet im Namen Jesu (Johannes 16, 23 – 33)

 

Rolf Müller

 

Jesus Christus hat vor seinen Jüngern gebetet und für seine Jünger gebetet. Aber er hat nie mit seinen Jüngern gebetet. Er sprach von „meinem“ und von „eurem“ Vater. Er betonte den Unterschied. Die Jünger sahen, wie der Herr betete. Sie richteten die Bitte an ihn: „Herr, lehre uns beten.“  Das tat der Herr.

 

Nicht beten ist traurig. Es gibt Christen, die beten nicht. Sie betrachten das Gebet als überholt. Sie sagen: „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!“ Falsch beten ist noch trauriger als nicht beten. Manche Gebete sind gar keine Gebete. Sie sind nur ein Plappern mit dem Mund. Ein Beten aus Gewohnheit. Das Herz ist unbeteiligt.

 

Recht beten kann nur, wer gerecht geworden ist durch den Glauben. Nur der, der Frieden mit Gott hat durch unseren Herrn Jesus Christus. Beten heißt reden mit Gott. Gotteskinder dürfen zum Vater rufen. Recht beten können wir nur im Namen Jesu. Wir haben von Haus aus kein Recht, im eigenen Namen zu beten. Der Name Jesus ist die Eintrittskarte zum Gnadenthron. Gebet im Namen Jesu ist Gebet nach Gottes Willen.

 

Wir dürfen im Namen Jesu zum Vater kommen. Der Herr Jesus hat es uns nicht nur erlaubt, sondern er hat uns dazu beauftragt. Beten im Namen Jesu erkennt der Vater an. Um Jesu willen ruht Gottes Wohlgefallen auf uns. „Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren“, sagt der Herr Jesus.

Das ist eine gewaltige Verheißung! Wer im Namen Jesu betet, empfängt auch im Namen Jesu. Freilich darf der Name Jesus nicht als eine bloße Formel gebraucht werden. In dem Bereich, in dem wir leben, dürfen wir unsere Bitten an den Herrn richten. Nur wer bittet, empfängt. Wir bleiben Bettler. Wir fordern nicht, wir bitten. Bitten und Nehmen sind miteinander verknüpft. Im Bitten liegt unsere Armut, im Nehmen unser Reichtum. Wir nehmen aus seiner Fülle.

 

Jesus sagt: „Alles, was ihr wollt!“ Das hat nichts mit einer Zauberformel zu tun. Damit kann kein Missbrauch getrieben werden. Das Gebet im Namen Jesu richtet sich nach Gottes Willen und fußt auf Gottes Wort. Wir dürfen alles bitten, was zur Ehre Jesu gereicht und sich auf seine Sache bezieht. Und wenn Gott unser Gebet nicht erhört? Gott hört uns immer. Und er hilft zu seiner Zeit. Es sei denn „Ihr bittet und kriegt nicht, darum, dass ihr übel bittet.“ (Jakobus 4,3).

 

„Eure Freude wird vollkommen sein!“ Es ist die Freude des Herzens über die Erhörung der Gebete im Namen Jesu. Es ist die Freude über die Gemeinschaft mit dem Vater. Der alte Mann weiß, dass Gott unserer Gebete nicht bedarf. Wir brauchen das Gebet zum Wachsen in der Gnade und zur Stärkung unserer Hoffnung. Um im Namen Jesu beten zu können, müssen wir zuvor arm und klein geworden sein. Wer selber noch etwas ist, kann nicht im Namen Jesu beten.

 

Das Gebet des Gerechten vermag viel, wenn es ernstlich ist. Jesus Christus ist unser Fürsprecher beim Vater. Indem er uns beauftragt, in seinem  Namen zu beten, schließt er uns mit ein. „Er selbst, der Vater hat euch lieb.“ Wir dürfen alle unsere Sorgen und Anliegen zu ihm bringen.

 

Das Gebet im Namen Jesu ist auch der Schlüssel zum Verständnis der Heiligen Schrift. Ohne Geist und Gebet ist die Schrift für uns ein dunkles Gleichnis. Wir verstehen nicht wirklich, was wir lesen. Durch das Gebet im Namen Jesu wird uns der Sinn erschlossen. Es werden uns die Augen geöffnet. Wir klammern uns betend an ihn, der die Welt überwunden hat. Die Welt hält uns für arm, aber der Herr Jesus erklärt uns für reich. Wir sind die, die nichts haben und doch alles haben in seinem Namen.

 

O der unerkannten Macht 

von der Heilgen Beten! 

Ohne das wird nichts vollbracht,

so in Freud als Nöten. 

Heiliget das Gebet, 

das zu Gott sich schwinget; 

betet, dass es dringet!

 

Betet, dass die letzte Zeit

bald vorübergehe, 

dass man Christi Herrlichkeit

offenbaret sehe,

stimmet ein insgemein       

mit der Engel Sehnen 

nach dem Tag, dem Schönen!

 

(Christoph Karl Ludwig von Pfeil)