Ich steh an deiner Krippen hier

 

Rolf Müller

 

Jedes Jahr in der Weihnachtszeit stellen wir die handgeschnitzten Krippenfiguren auf, die ein Künstler aus Vielau für uns angefertigt hat.

 

Unserem  Enkel Christian, der damals fünf Jahre alt war, gefiel es nicht, wie wir die Figuren hingestellt hatten. Er spielte mit ihnen und probierte verschiedene Varianten aus.

 

Wir hatten das Jesuskind in die Mitte gerückt, Maria und Josef standen direkt an der Krippe. Etwas entfernt standen die Hirten mit den Schafen und die Weisen aus dem Morgenland.

 

Christian ließ das Kind in der Mitte. Aber das Umfeld gestaltete er immer wieder anders und zeigte uns seine neueste Version.  Wir waren überrascht, wieviel Möglichkeiten es gab, mit zehn Figuren ständig andere Konstellationen zu gestalten.

 

Der Gipfel war eine Gruppierung, in der alle Figuren dem Jesuskind den Rücken zuwandten und von der Krippe wegzueilen schienen. Christian schaute uns erwartungsvoll an und wollte unsere Meinung hören. Wir waren zunächst sprachlos. Nach einer Weile erkannte er die absurde Situation und drehte Maria, Josef, die Hirten, die Weisen und die Schafe wieder in Richtung Krippe. Er sah uns an und sagte erleichtert: So, jetzt glauben sie wieder!

 

Alle Jahre wieder singen die Menschen Weihnachtslieder. Einige stellen eine Weihnachtskrippe auf und lesen am Heiligen Abend sogar die Weihnachtsgeschichte aus der Bibel. Aber an Jesus glauben sie nicht. Sie singen Christ, der Retter ist da, aber sie lassen sich nicht retten. Sie beten den Tannenbaum, den Glühwein und den Gänsebraten an, aber weisen den Heiland, der für sie gekommen ist, ab. Sie singen O du  fröhliche, aber ihr Herz bleibt traurig und bedrückt. Sie singen Komm, o mein Heiland Jesus Christ, aber sie kehren ihm den Rücken zu und verschließen ihre Herzenstür. Sie gehen alle Jahre wieder zu Weihnachten in die Kirche, aber ihr Herz ist nicht dabei.

 

Sie sorgen sich um alle möglichen Dinge und treiben am Ziel vorbei. Sie richten sich hier auf dieser Erde ein und verpassen die Ewigkeit. Sie sind reich und satt, aber sie haben keinen Schatz im Himmel. Sie haben alles, aber sie haben keinen Heiland und keine Vergebung ihrer Schuld. Sie wissen nicht, was wahre Weihnachtsfreude  ist.

 

Ich steh an deiner Krippen hier,

o Jesus, du mein Leben,

ich komme, bring und schenke dir

was du mir hast gegeben.

Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn,

Herz, Seel und Mut, nimm alles hin

 und lass dir's wohlgefallen.

 

Ich lag in tiefster Todesnacht, du warest meine Sonne,

die Sonne, die mir zugebracht Licht, Leben, Freud und Wonne.

O Sonne, die das werte Licht des Glaubens in mir zugericht,

wie schön sind deine Strahlen!

 

(Paul Gerhardt)