Sport und der alte Mann

 

Rolf Müller

 

"Leibliche Übung ist wenig, die Gottseligkeit aber ist zu allen Dingen nütze."

Viele sagen, Gesundheit ist das höchste Gut. Deshalb achtet man auf gesunde Ernährung. Man vermeidet alles, was schmeckt und verdirbt sich den Appetit durch vegetarische Gerichte. Der Schlankheitswahn kann krank machen und mit einer Essstörung enden. Es gibt Leute, die einer Hundehütte ähneln: In jeder Ecke ein Knochen.

 

Es werden viele Rezepte fürs Abnehmen empfohlen. Wer abnehmen will, darf den Mund nicht so voll nehmen. Die wirksamste Turnübung ist das rechtzeitige Aufstehen vom Esstisch. Der Nachteil einer Schlankheitskur ist, dass man mit dem Gewicht gleichzeitig die gute Laune verliert.

 

Weil viele die Gesundheit für das höchste Gut halten, suchen sie sie mit allen Mitteln zu bekommen und zu erhalten. Zuerst ruiniert man seine Gesundheit, um Geld zu verdienen, dann verbraucht man sein Geld, um die Gesundheit zurück zu bekommen. Medikamente können ziemlich teuer sein.

 

Ärzte sind Zeitgenossen, die auch kein Mittel gegen Schnupfen haben. Erkältung ist eine Krankheit, die mit Arzt eine Woche und ohne Arzt sieben Tage dauert. Ein Kassenpatient ist eine Person, die auch mit billigen Medikamenten wieder gesund wird.

 

Die medizinische Forschung hat so große Fortschritte gemacht, dass es praktisch überhaupt keine gesunden Menschen mehr gibt. Ein Gesunder ist jemand, der nicht oder noch nicht gründlich untersucht worden ist. Die Fortschritte der Medizin sind so ungeheuer, dass man sich seines Todes nicht mehr sicher sein kann.

 

Ein weiterer Punkt für die Gesundheit ist der Sport. Sport ist eine bewährte Methode, Krankheiten durch Unfälle zu ersetzen. Wer regelmäßig Sport treibt, lebt nicht länger, aber er stirbt gesünder. Eine alte Bauernregel besagt: Du kannst nur gesund bleiben, wenn du nicht krank wirst.

 

Sport ist Mord und Turnen füllt die Urnen, sagt der Volksmund. Der alte Mann steht dem Sport aufgeschlossen gegenüber. Er interessiert sich für Fußball, Handball, Tennis, Wassersport und Wintersport. Er betreibt nicht selbst Sport, er sieht ihn sich als Zuschauer an.

In der Praxis beherzigt er die Devise: "Immer, wenn ich an Gymnastik denke, lege ich mich ganz ruhig hin und warte, bis der Gedanke vorübergeht." 

 

Der alte Mann hatte trotzdem in seinem Leben viel Bewegung. Als Buchdrucker und später als Offsetdrucker übte er keine sitzende Tätigkeit aus. Vierzig Jahre Beschäftigung im Kleingarten taten das Übrige. Er hatte nie ein Auto und war deshalb überwiegend auf seine Beine angewiesen.

 

Als junger Mensch hat er sich eine Zeit lang etwas intensiver mit Schach beschäftigt. Das "königliche Spiel" wird allerdings nicht von allen als ein vollwertiger Sport anerkannt. 

 

Gern ging der alte Mann im Sommer schwimmen. Das geschah aber nicht allzu häufig, da das nächste Freibad nicht gerade in der Nähe lag und einen Swimmingpool besaß der alte Mann auch nicht. Sein Schwager hatte eine Datsche an der Talsperre Pöhl im Vogtland.  Als wir einmal bei ihm eingeladen waren, fuhren wir mit seinem Segelboot hinaus. Es war ein herrlicher Sommertag. Als wir mitten auf der Talsperre waren, kam der leichte Wind völlig zum Erliegen. Nichts ging mehr, das Boot schaukelte auf den Wellen. Ich nutzte die Flaute und sprang vom Boot ins Wasser. Da wurde der Wind plötzlich wieder heftiger. Das Segelboot entfernte sich mit rasender Geschwindigkeit immer weiter.  

 

So kam es, dass der alte Mann plötzlich allein mitten in der Talsperre schwamm. Das Ufer war weit weg und das Boot entfernte sich auch immer mehr. Natürlich versuchte der Schwager wieder in meine Nähe zu kommen, aber das war bei dem jetzt wieder starken  Wind schwierig. Nach langem Manövrieren gelang es schließlich, den alten Mann wieder ins Boot zu ziehen. Nach diesem "Nahtoderlebnis" hatte der Schwimmsport für den alten Mann viel von seinem Reiz verloren.

 

Er musste an den Schwimmtrainer denken, der seinen Schützlingen nach dem verlorenen Wettkampf Trost zusprach: "Wir haben zwar keine vorderen Plätze belegt, aber wenigstens ist niemand ertrunken!"

 

Tatsache ist: Wir können uns vorbildlich ernähren, wir können eine Jahreskarte fürs Fitness - Studio erwerben, wir sterben trotzdem. Wir können unser Leben nicht verlängern,  nur vertiefen. Wir können dem Leben nicht mehr Tage geben, aber wir können versuchen, den Tagen mehr Leben zu geben. Wir müssen aufhören, uns um unsere Gesundheit zu sorgen. Sie geht vorbei. Sich Sorgen machen heißt, die Wolken von morgen über die Sonne von heute ziehen.

 

Kein Mensch erlangt ewiges Leben, nur weil er Broccoli statt Bratwurst isst und zu joggen anfängt. Auch als Christen stehen wir in dieser Welt unter dem Gesetz des Todes.

Unsere Zeit steht in Gottes Händen. Deshalb sagen Christen nicht: "Hauptsache Gesundheit!", sondern sie sagen: "Hauptsache, wir gehören zu Jesus." Durch den Glauben an ihn haben Christen ewiges Leben.

 

Natürlich ist es nicht leicht, unter Krankheiten zu leiden. Natürlich möchten wir lieber gesund und reich als arm und krank sein. Von Natur aus können uns Krankheit und Leid ebenso wenig gefallen, wie sich eine Maus in eine Katze verlieben kann. Aber die Leiden dieser Zeit sind leicht, wenn man sie mit der Herrlichkeit vergleicht, die der Herr Jesus für die Seinen bereitet hat.

 

Gesundheit ist schön. Sie ist ein Geschenk, aber sie ist nicht die Hauptsache. Die Hauptsache ist Jesus Christus, der uns durch sein Leiden und Sterben am Kreuz ewiges Leben erworben hat.

 

Drum auch, Jesus, du alleine

sollst mein Ein und Alles sein.

Prüf, erfahre wie ich´s meine,

tilge allen Heuchelschein.

Sieh, ob ich auf bösem, betrüglichem Stege

und führe mich, Höchster, auf ewigem Wege;

gib dass ich nichts achte, nicht Leben noch Tod,

und Jesus gewinne, dies Eine ist not. 

 

(Johann Heinrich Schröder)