Ist des HERRN Arm zu kurz,
dass Er nicht helfen könnte?

Sehet die Vögel unter dem Himmel an! Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nähret sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie?

 Matth.6, 26

 

Für unerfahrene, oberflächliche Menschen und solche, die keine Not kennen, wie auch für glaubensfröhliche Christen, für die das Wort alles ist, wäre diese Betrachtung nicht nötig. Wenn aber ein Christ in der Anfechtung dahin kommt, dass er an Gottes Wort zweifelt, so weist ihn der Herr auf das Schöpfungswerk, das er nicht zu glauben braucht, sondern das er mit den Augen sehen kann. So sagt Er z.B. in Bezug auf die Nahrungssorgen: „Seht die Vögel unter dem Himmel an, euer himmlischer Vater nähret sie; seid ihr denn nicht viel mehr als sie?“ Sollte Gott für die kleinen, unbedeutenden Vögel sorgen und den Menschen — Sein teuerstes und herrlichstes Geschöpf - vergessen? Gottes Ebenbild, Kind und Erbe, Herrscher über Vögel und Tiere - sollte Gott ihn vergessen? „Schauet die Lilien auf dem Felde; Salomo in all seiner Herrlichkeit ist nicht bekleidet gewesen wie derselben eine. So denn Gott das Gras auf dem Felde so kleidet, das doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird, sollte Er das nicht viel mehr euch tun?“ - Euch, die ihr Gottes Geschlecht seid! O ihr Kleingläubigen!

 

Zur Furcht vor bösen Menschen sagt Er: „Kauft man nicht zwei Sperlinge um einen Pfennig? Doch fällt derselben keiner auf die Erde ohne euren Vater. Ihr seid ja besser als viele Sperlinge. Eure Haare auf dem Haupte sind alle gezählt. Darum fürchtet euch nicht!“

Manchmal mag es dir scheinen, du seiest von Gott verlassen. Da ist eine gewisse Sache, in der du ganz hilflos bist; du selber kannst ihr nicht abhelfen und in der ganzen Welt gibt es keinen, der es kann. Du hast Gott angerufen, so dass du heiser und müde geworden bist, und doch sieht alles so vergeblich aus. Gott erscheint dir als ein Held, der verzagt ist, und als ein Riese, der nicht helfen kann.

 

Ist es aber möglich, dass es sich wirklich so verhält, wie es dir scheint? Verstehst du nicht, dass es ein tiefes Verbergen des wundersamen, aber doch treuen Gottes ist?

 

Vorausgesetzt, dass du nicht gegen den Herrn und Seine Ordnung streitest, z.B. Heiligungskraft begehrst, bevor du gläubig und in der unverdienten Gnade froh geworden bist, oder dass du äußere Hilfe begehrst, ohne arbeiten zu wollen usw., - vorausgesetzt also, dass du die Hilfe auf dem rechten Wege suchst, so ist es ganz gewiss unmöglich, dass Gott dir nicht alles geben sollte, was dir am besten und dienlichsten ist. Oder „ist des Herrn Arm zu kurz, dass Er nicht helfen könnte?“ Er, der das Auge gemacht hat, sollte Er nicht sehen können - also auch deine Not sehen? Er, der das Ohr gebildet hat, sollte Er nicht hören? Er sorgt für die Vögel, sollte Er sich nicht auch um dich kümmern?

 

Bedenke darum sehr gründlich Seine Frage: „Seid ihr denn nicht viel mehr als sie?“ Der Heiland erklärt zudem ja auch noch: „Ihr seid besser als viele Sperlinge.“ Nimmt Er sich aber der Sperlinge an, wie könnte Er dich dann vergessen?

 

Du sagst: „Ach, ich habe gesündigt, ich erleide das, was ich wirklich verdient habe und bin mit allem Recht verlassen.“ O Mensch! Hat Gott denn nach unseren Sünden mit uns gehandelt? Er, der uns in Christus erwählt hat, ehe der Welt Grund gelegt war, Er, der in Christus die Welt mit sich versöhnte, „als wir noch Feinde waren“ und keine Versöhnung hatten, sollte Er jetzt mit uns nach unseren Sünden handeln? Dann würde keiner errettet, wir würden auch nicht einen Tropfen Wasser bekommen. Jetzt dagegen sind wir jeden Augenblick von unzähligen Wohltaten Gottes umgeben. So sollen wir also durch das, was wir sehen, lernen, auch das zu glauben, was wir nicht sehen.

 

In gleicher Weise sollten wir dann auch - das Auge auf die Größe der Schöpfung gerichtet - den Übermut der Vernunft zügeln und dämpfen, der Vernunft, die mit Gott rechten, Seine Worte und Werke beurteilen und das bezweifeln will, was sie nicht versteht.

 

Als ein sonst frommer Mann, „desgleichen nicht im Lande war“, einmal in diese Versuchung fiel, antwortete der Herr ihm: „Wo warst du, da Ich die Erde gründete? Weißt du, wer ihr das Maß gesetzt hat? Worauf stehen ihre Füße versenkt? Oder wer hat ihr einen Eckstein gelegt? - Wo warst du, da Mich die Morgensterne miteinander lobten und jauchzten alle Kinder Gottes? Wer hat das Meer mit seinen Türen verschlossen, da es herausbrach wie aus Mutterleibe? - Haben sich dir des Todes Tore je aufgetan? Oder hast du die Tore der Finsternis gesehen? - Weißt du, welches der Weg ist, da das Licht wohnt, und welches sei der Finsternis Stätte? - Kannst du die Bande der sieben Sterne zusammenbinden oder das Band des Orion auflösen? - Weißt du, wie der Himmel zu regieren ist oder kannst du ihn meistern auf Erden?“

 

An solche Fragen sollte man sich machen, wenn man über Gottes Wort urteilen will und dabei auf Dinge stößt, die man nicht begreift; so wird man bald froh darüber werden, die Arbeit aufgeben zu dürfen und sprechen zu können: „Rede, Herr! Dein Diener hört.“ Dann hat man die Schöpfung mit Nutzen betrachtet.

  

Selig sind alle, die auf den Allmächtigen trauen,

Hoffend und wartend auf Gnade die Zuversicht bauen;

Die sind Ihm wert,

Und was sonst Herzen beschwert,

 

Davor darf ihnen nicht grauen.

Entnommen aus dem Buch von Mag. Olof Rosenius – ‘‘Tägliches Seelenbrot‘‘

(herausgegeben von LUTH. MISSIONSVEREIN SCHLESWIG-HOLSTEIN E.V. http://www.rosenius.de)