Kein einziger Mensch kann vor IHM bestehen!

Alles Fleisch ist HeuJes. 40,6

 

Alles Menschliche ist falsch, schwach, wankend, ungewiss, veränderlich — unsere Vernunft, das Gefühl, die Gedanken und Meinungen. Bald sehe ich Gott in allem, was mir vor Augen kommt, bald scheint mir, dass es keinen Gott in der Welt gibt. Bald denke ich, dass Gott lauter überfließende Gnade und Liebe ist, bald wiederum, dass Er ermüdet, mir ungnädig, abgewandt und zornig sei. Bald halte ich mich für einen guten Christen, bald wiederum meine ich, ein ganz unverbesserlicher Sünder zu sein. Kurz: Meinungen, Gefühle - alles ist wie Rohr vorm Winde, schwankend, ungewiss, falsch, veränderlich, lügnerisch. Der Prophet sagt: „Alles Fleisch ist Heu.“ - So sehe ich endlich, dass alles, was ich denke, keine Beachtung verdient. Gewiss und ewig unerschütterlich ist nur eines: Im Himmel sitzt ein Richter auf dem Thron, der große, heilige Gott! Er hat ein ewig unerschütterliches Wort geredet und vom Himmel herab gesandt. Seine Urteile stehen fest wie die Berge; kein Buchstabe davon kann verändert noch zunichtegemacht werden, wenn auch Himmel und Erde vergehen. Seiner darf ich mich getrösten!

 

Was sagt nun dieses ewige Wort von uns, von unserer Würdigkeit oder Unwürdigkeit und davon, wie wir vor den Augen Gottes aussehen? Es sagt: „Der Herr schaut vom Himmel auf der Menschen Kinder, dass Er sehe, ob jemand klug sei und nach Gott frage. Aber sie sind alle abgewichen und allesamt untüchtig; da ist keiner, der Gutes tue, auch nicht einer. Gott sah auf Erden, und siehe, sie war verderbt. Der Menschen Bosheit war groß auf Erden. Da ist nicht, der gerecht sei, auch nicht einer.“

 

Gott ist so heilig, dass vor Ihm nicht einmal die Himmel rein sind.

 

Er findet Unreinheit in Seinen Engeln und Torheit in Seinen Heiligen. Daraus folgt: Kein einziger Mensch kann vor Ihm bestehen, alle miteinander sind der ewigen Verdammnis wert und sich darin gleich. Judas und Johannes sind ein und derselben Verdammnis gleich wert. Petrus und der Zauberer Simon, die Jungfrau Maria und die Ehebrecherin sind ein und derselben Hölle gleich würdig. „Ach wie erschrecklich und ungereimt“, sagst du.

 

Ja, fühle hier, wie die Vernunft anstößt, wenn man ungeschminkt ausspricht, was diese Worte enthalten: „Es ist hier kein Unterschied; sie sind allzumal Sünder und mangeln des Ruhms, den sie bei Gott haben sollten, und werden ohne Verdienst gerecht aus Seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist.“ Vor den Menschen besteht dieser Unterschied, nicht aber vor Gott. Auf Erden ist ein Abstand zwischen den Taltiefen und den Bergspitzen; wenn man aber den Abstand beider von der Sonne betrachtet, dann verschwindet dieser Unterschied, er kommt nicht mehr in Betracht, denn beider Abstand ist so groß, dass man von beiden nur sagt: „Der Abstand ist unermesslich.“ Ebenso besteht ein Unterschied zwischen dem einen Menschen und dem anderen, zwischen der einen Stunde und der anderen, aber nicht vor Gott. Alles, was Mensch heißt, auch der treueste und frömmste Christ, ist ein ganz und gar unreiner Erdenwurm. Seine besten Werke sind mit dem Gift der alten Schlange befleckt. Sein Glaube, seine Liebe, sein Gebet und seine Danksagung, die seine besten Werke sind und vom Geiste Gottes bewirkt wurden, sind durch die Unreinheit des Gefäßes befleckt.

 

Der Glaube ist mit Schlacke, mit Eigengerechtigkeit und Unglaube vermischt, die Liebe ist gering, beschränkt, nachlässig; das Gebet und die Danksagung sind kalt und schwach und der großen Majestät ganz unwürdig.

 

Außer diesen beständigen Mängeln, die zur Verdammnis des Menschen hinreichend wären, fällt dieser unausgesetzt in Sünden und verunreinigt sich während der Wanderung. Er kann nie so wachsam sein, dass er nicht hier und da von der Gottlosigkeit befleckt wird. Die ganze Erde ist wie von einer wogenden Sündenflut von Ungerechtigkeit überflutet: Abgötterei, Unglaube, Sorge und Verzweiflung, Missbrauch des Namens Gottes, Schwören und gottloses Geschwätz, Sabbatentheiligung, Ungehorsam, Zorn und Hass, Zank, Unzucht und Leichtfertigkeit, Unreinheit, Geiz, Diebstahl und Betrug, Falschheit, Lüge und Afterreden sind im Schwange.

 

Wo dies alles nicht in Werke ausbricht, kocht das Herz doch von bösen Begierden, Gedanken und inwendigen Regungen, die vor den Augen des Heiligen lauter Unreinheit sind.

 

Das ist der Zustand des gefallenen Geschlechts! Und wie will nun ein Menschenkind vor Gott bestehen? Womit willst du deine Schulden bezahlen? Du kannst Ihm auf tausend nicht eins antworten. Auch wenn du lange ein gläubiger Christ gewesen bist, viel erfahren und ausgerichtet hast - blickt Gott mit Seinen heiligen Augen auf dich, so gilt dieses nicht mehr.

 

Ein alter, frommer Diener Gottes fühlte dies und flehte deshalb: „Herr, gehe nicht ins Gericht mit Deinem Knechte; denn vor Dir ist kein Lebendiger gerecht.“

 

Vor Gott ist kein Lebendiger gerecht! Das ist das Urteil des Wortes.

 

Es streitet gegen unsere Meinungen und Gefühle, die uns, wenn wir etwas frömmer gewesen sind, sagen, dass wir dann der Gnade auch würdiger sind und dass es Gott dann leichter falle, uns zu vergeben; dagegen meinen wir, wenn wir gesündigt haben, dass es Gott dann schwerer fallen müsse, uns zu vergeben.

 

So müssten die Gnade und die Gerechtigkeit wenigstens teilweise aus unseren Werken, aus unserer Würdigkeit kommen.

 

Dies aber haben wir nun die Schrift leugnen sehen. - Bleibe darum dessen eingedenk, dass du zu allen Stunden gleich würdig und unwürdig bist!

Das ist das Urteil des ewigen himmlischen Vaters.

 

Das Wort bekennt und lehret frei,

Dass nichts in Erd’ und Himmel sei,

Was einen Sünder selig macht,

Als der, den man am Kreuz geschlacht’,

Der Seines Vaters ganzen Willen tat

Und zur Versöhnung Blut vergossen hat.

Entnommen aus dem Buch von Mag. Olof Rosenius – ‘‘Tägliches Seelenbrot‘‘

(herausgegeben von LUTH. MISSIONSVEREIN SCHLESWIG-HOLSTEIN E.V. http://www.rosenius.de)