Das verlorene Augenlicht nie als Verlust empfunden!
Fanny Crosby als Kleinkind durch einen Pfuscher erblindet
In armen ländlichen Verhältnissen in Southeast im Staat New York wurde 1820 ein Mädchen in der Familie Crosby geboren. Es bekam den Namen Frances Jane, wollte aber später nur Fanny genannt werden.
Dort in der Landschaft Putnam gab es nur ein paar zerstreute Höfe, eine Kirche, eine Schule und ein Postamt. Mehr nicht. Die meisten der etwa 1900 Bewohner waren einfache Tagelöhner, die irgendwo in der Landwirtschaft aushalfen, um sich das Nötige zum Lebensunterhalt zu verdienen.
Etwa fünf Wochen nach der Geburt waren die Eltern Crosby beunruhigt: Mit den Augen des Babys stimmte etwas nicht! Da ihr Arzt nicht erreichbar war, wandten sie sich in ihrer Not an einen Mann, der sich auch als Arzt ausgab. Er legte heiße Kompressen auf die entzündeten Augen des Kindes. Den besorgten Eltern versicherte er, dass die Hitze den Augen nicht schaden würde, sondern die ganze Infektion herausziehen werde.
Tatsächlich ging die Entzündung nach wenigen Tagen zurück. Doch auf den Augen des Kindes bildeten sich hässliche weiße Flecken. Im Lauf der nächsten Monate mussten die Eltern mit Bestürzung erkennen, dass ihr Kind überhaupt nicht auf Dinge reagierte, die man vor sein Gesicht hielt.
Die Klage gegen den Pfuscher half dem Kind nicht mehr: Es blieb blind.
Und noch etwas Furchtbares hat sich im gleichen Jahr 1820 in der Familie Crosby zugetragen. Der Vater Sylvanus Crosby arbeitete an einem kalten und regnerischen Novembertag draußen auf den Feldern. Am Abend kam er mit einer schlimmen Erkältung heim und legte sich gleich ins Bett. Am nächsten Tag war das Fieber erschreckend hoch. Nichts brachte Linderung. Er starb wenige Tage später.
Mutter Crosby musste jetzt als Witwe Geld für die sechsköpfige Familie verdienen. Schon bald nach der Beerdigung ihres Mannes war sie froh, eine Anstellung als Kindermädchen in einer reichen Familie in der Nähe zu finden.
Die kleine erblindete Fanny war in der Zeit, wenn die Mutter außer Haus war, in der Obhut ihrer Großmutter. Diese kümmerte sich liebevoll um ihr Enkelkind und erzählte und erklärte ihm viel von der Welt, die das Mädchen ja nicht selbst sehen konnte. Bis ins hohe Alter vergaß Fanny nicht, was ihre Großmutter ihr einst beschrieben hatte. Etwa, wie herrlich die Sonne strahlt und wie wunderbar beim Sonnenuntergang die Wolken aufleuchten.
Auch prägte es Fanny tief, wie die Großmutter so natürlich und selbstverständlich in der Gegenwart Gottes lebte. Die Familie Crosby stammte von den Puritanern ab, jenen unbeugsam bekennenden und an der Bibel festhaltenden Christen.
Als alle um Rat befragten Augenärzte keinerlei Hoffnung für ihre Augen mehr sahen, fand Fanny zu einer großen inneren Gelassenheit. Schon im Alter von acht Jahren dichtete sie Verse. Einer fing so an: O, was bin ich doch für ein glückliches Kind!
In früher Kindheit begann sie damit, ganze Kapitel der Bibel auswendig zu lernen. Das behielt sie bis ins hohe Alter bei.
Ganz unerwartet erhielt die 15jährige Fanny Crosby noch eine besondere Förderung. In breiter Öffentlichkeit wuchs damals das Interesse am Schicksal der Blinden. Viele wollten als Zeichen ihrer sozialen Verantwortung Blinde fördern und unterstützen. Dadurch konnte auch Fanny Crosby das neu gegründete Blindeninstitut in New York besuchen. In den acht Jahren, in denen sie dort als Schülerin war, musste sie immer wieder in der Öffentlichkeit zeigen, was Blinde alles leisten können. So demonstrierte sie an vielen Orten das Lesen mithilfe der Braille-Blindenschrift. Nach ihrer Schulzeit wirkte sie noch fünfzehn Jahre als blinde Lehrerin für die Blinden dort am Institut.
Schon während ihrer Schulzeit wurde die erstaunliche Dichtergabe des blinden Mädchens anerkennend gerühmt, auch durch von weither angereiste Fachleute. Sie gab mehrere Bücher heraus. Ihre Gedichte wurden bald in bekannten Tageszeitungen gedruckt. Fanny Crosby war bekannt, ja berühmt; der Erfolg aber stieg ihr nicht in den Kopf. Dazu half auch ihre bewusste Bekehrung im Jahr 1850. Damals wurden in einer Methodistenkirche ganz in ihrer Nähe evangelistische Versammlungen gehalten. Mehrmals ging Fanny Crosby hin. Sie hatte in der letzten Zeit häufig mit Zweifeln zu kämpfen. Zweimal betete man dort mit ihr, davon wurde sie aber nicht tiefer berührt. Bis man eines Abends das Lied von Dr. Isaac Watts sang: Sagt an, vergoss der Herr sein Blut...
Sie erzählt später von diesem Abend: Als die dritte Zeile des letzten Verses erreicht war, übergab ich mich selbst dem Herrn. Meine Seele war vom Himmelslicht durchflutet. In dieser letzten Strophe heißt es:
Heilen kannst nur du mein Herz,
darum bring ich's dir auch dar.
Jesus starb für mich,
ja, für uns alle starb der Herr,
gottlob, er starb für mich!